· Fachbeitrag · Elternunterhalt
Grundsicherung trotz Unterhaltsansprüchen von Eltern gegenüber ihren Kindern?
von RAin Dr. Dagny Liceni-Kierstein, RiOLG a.D., Berlin
| Im Rahmen der Sozialhilfe führen Unterhaltsansprüche von Leistungs-beziehern gegenüber Verwandten ersten Grades ‒ also auch gegenüber Kindern ‒ nach der bis heute geltenden Rechtslage gem. § 94 Abs. 1 SGB XII zu einem gesetzlichen Forderungsübergang. Fraglich ist, inwieweit das auch zutrifft, wenn Eltern Grundsicherungsleistungen beziehen. |
1. Privilegierung der Kinder
Durch die Einführung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wollte der Gesetzgeber den Eltern eine eigenständige Grundversorgung verschaffen. Eltern sollten durch die Grundsicherung in die Lage versetzt werden, ihr Existenzminimum zu sichern, auch ohne ihre unterhaltspflichtigen Kinder in Anspruch zu nehmen. Vor diesem Hintergrund war schon in § 2 Abs. 1 S. 3 Grundsicherungsgesetz (GSiG) vorgesehen, dass Unterhaltsansprüche eines Elternteils gegen seine Kinder unberücksichtigt bleiben, wenn ihr jährliches Gesamteinkommen i. S. d. § 16 Abs. 4 SGB IV unter einem Betrag von 100.000 EUR liegt. Diese Vorschrift ist ohne sachliche Änderung in § 43 SGB XII aufgenommen worden. Heute findet sich die entsprechende Regelung in § 43 Abs. 5 SGB XII. Der Gesetzgeber will im Rahmen der Leistungen von Grundsicherung an seiner schon mit dem Grundsicherungsgesetz verfolgten Absicht ‒ einen Abbau der „verschämten Altersarmut“ zu erreichen ‒ festhalten. Nach § 43 Abs. 5 S. 1 SGB XII sind Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern nicht zu beachten. Ausnahme: Das jährliche Gesamteinkommen der Kinder i. S. d. § 16 SGB IV beträgt jeweils mehr als 100.000 EUR (Jahreseinkommensgrenze). Der Bedeutung dieser Regelung soll im Folgenden nachgegangen werden.
2. Einkommen gem. § 16 SGB IV
Mit „Einkommen“ ist die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts (§ 2 Abs. 1 EStG) gemeint (z. B. Arbeitseinkommen und/oder sonstige Einkünfte, z. B. aus Vermietung und Verpachtung). Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen mindern das hier interessierende Einkommen ebenso wenig wie Einkommens-, Lohn-, Kirchensteuer sowie der Solidaritätszuschlag. Maßgeblich ist somit bei Arbeitnehmern das lediglich um ihre steuerlich anzuerkennenden berufsbedingten Aufwendungen bereinigte Jahresbruttoeinkommen.
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