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  • · Nachricht · Kindesunterhalt

    Kindesunterhalt wird nach fiktivem Vollerwerbseinkommen berechnet

    | Kindesunterhalt ist bei der Zurechnung eines fiktiven Einkommens im Regelfall nach einem fiktiven Vollerwerbseinkommen und nicht nach einem fiktiven Nebenerwerbseinkommen neben einem Sozialleistungsbezug zu berechnen. Das gilt auch, wenn der Unterhaltsschuldner nach der Berechnung mit einem Vollerwerbseinkommen nicht leistungsfähig ist, während er nach der Berechnung mit einem Nebenerwerbseinkommen aufgrund des niedrigeren Selbstbehalts Unterhalt zahlen müsste (OLG Hamm 6.1.14, 3 UF 192/13). |

     

    Die Beteiligten, getrennt lebende Eheleute, streiten über die Verpflichtung des Kindesvaters, monatlich ca. 950 EUR Unterhalt für die drei bei der Mutter lebenden minderjährigen Kinder im Alter von 15, 13 und 11 Jahren zu zahlen. Der Vater bezieht Arbeitslosengeld-II-Leistungen von ca. 775 EUR monatlich. Nach der Aufgabe einer selbstständigen Tätigkeit im Gastronomiegewerbe 2012 hätte er als ungelernter Hilfskoch tätig werden können, ohne diese Tätigkeit in der Folgezeit auszuüben.

     

    Nach Ansicht des OLG Hamm ist der Vater aber nicht leistungsfähig. Der Vater ist zwar in der Lage, einer vollschichtigen bhängigen Beschäftigung nachzugehen. Er hat auch nicht ausreichend dargelegt, dass er diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen oder trotz ausreichender Bemühungen um einen Arbeitsplatz nicht hat ausüben können. Für die Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit ist ihm daher ein fiktives Vollerwerbseinkommen zuzurechnen. Dies beträgt beim Hilfskoch in NRW monatlich durchschnittlich 1.387 EUR brutto. Von diesem Einkommen sind Steuern, Sozialversicherungsabgaben und berufsbedingte Aufwendungen in einer Höhe abzuziehen, dass ein Nettobetrag verbleibt, der unter dem monatlichen Selbstbehalt eines Vollerwerbstätigen von 1.000 EUR liegt. Hiernach ist der Vater nicht leistungsfähig und schuldet keinen Unterhalt.

     

    Rechnerisch lässt sich zwar eine Leistungsfähigkeit geringen Umfangs begründen, wenn man von den monatlichen SGB-II-Leistungen und einem dazu fiktiv erzielten, teilweise anrechnungsfrei bleibenden monatlichen Nebeneinkommen ausgeht. Dieses ergibt ein fiktives Einkommen von ca. 940 EUR, dem ein Selbstbehalt eines teilweise Erwerbstätigen von 850 bis 900 EUR gegenübersteht. Die Differenz verbleibt rechnerisch als eine Leistungsfähigkeit geringen Umfangs zum Kindesunterhalt. Aus dem SGB II folgt aber, dass es nur beim bereits titulierten Unterhaltsanspruch auf das aus Sozialleistungen und einem Nebeneinkommen bestehende Einkommen mit dem geringeren Selbstbehalt des die Sozialleistungen beziehenden Unterhaltsschuldners ankommt. Gibt es - wie hier - noch keinen Unterhaltstitel, soll es dem Unterhaltsgläubiger hingegen nach dem sozialpolitischen Sinn und Zweck des Gesetzes nicht ermöglicht werden, Kindesunterhalt auf der Grundlage eines Verbleibs des Unterhaltsschuldners im Bezug von Sozialleistungen und eines anrechnungsfreien Teils fiktiver Nebeneinkünfte erstmals titulieren zu lassen. Die Leistungsfähigkeit des Kindesvaters als Unterhaltsschuldner ist daher nach einem fiktiven Vollerwerbseinkommen zu beurteilen.

     

    (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm, 12.2.14; http://www.olg-hamm.nrw.de/behoerde/presse/02_aktuelle_mitteilungen/).

    Quelle: ID 42532375