· Fachbeitrag · Kindesunterhalt
Kürzung des Kindesunterhalts bei deutlich erweitertem Umgangsrecht
von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf
(BGH 12.3.14, XII ZB 234/13, FamRZ 14, 917, Abruf-Nr. 141232) |
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten um Kindesunterhalt für die Zeit ab Januar 11. Der Antragsgegner ist der Vater (V) der im November 01 geborenen Tochter T (Antragstellerin). Er ist Polizeibeamter und bezieht ein um Versicherungsbeiträge und Werbungskosten bereinigtes Nettoeinkommen. Die Mutter (M) ist Lehrerin. Im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung ihrer Ehe schlossen die Eltern der T im März 10 eine notarielle Vereinbarung, wonach die Betreuung der T nach dem sog. Wechselmodell erfolgen solle. Im Januar 11 vereinbarten sie, dass sich die T konkret in einem zweiwöchentlichen Rhythmus von Freitag bis Sonntag und darüber hinaus wöchentlich an zwei weiteren Tagen beim V aufhalten sollte. Im vorliegenden, im März 11 eingeleiteten Verfahren, hat zunächst die M den V im Wege des Stufenantrags auf Kindesunterhalt in Anspruch genommen. Nachdem die Ehe der Eltern der T im Juli 11 rechtskräftig geschieden worden ist, hat die T - vertreten durch M - den Eintritt in dieses Verfahren erklärt. Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darum, ob die von den Eltern praktizierte Betreuung der mittlerweile 12-jährigen T einem Wechselmodell mit etwa gleichen Betreuungsanteilen entspricht. Das AG hat den V antragsgemäß zur Zahlung von Kindesunterhalt seit August 12 sowie zur Zahlung eines Unterhaltsrückstands verpflichtet. Auf die Beschwerde hat das OLG den Mindestunterhalt herabgesetzt. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des V führt teilweise zur Aufhebung und Zurückverweisung, hat im Übrigen aber keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der Unterhaltsantrag ist zulässig und zum Teil begründet.
Kindesmutter hat die Antragstellerin ordnungsgemäß vertreten
Nach § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB darf die Mutter das Kind nur vertreten, wenn es sich in ihrer Obhut befindet. Obhut meint den Schwerpunkt der tatsächlichen Fürsorge und Betreuung. Das Kind muss sich in Obhut desjenigen Elternteils befinden, der seine elementaren Lebensbedürfnisse nach Pflege, Verköstigung, Kleidung, ordnender Gestaltung des Tagesablaufs und ständig abrufbereiter emotionaler Zuwendung vorrangig befriedigt oder sicherstellt. Leben die Eltern in verschiedenen Wohnungen und regeln sie den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes dergestalt, dass es vorwiegend in der Wohnung eines Elternteils lebt und dies durch regelmäßige Besuche in der Wohnung des anderen unterbrochen wird, befindet sich die Obhut beim erstgenannten Elternteil.
MERKE | Nur wenn das Kind in etwa gleichlangen Phasen abwechselnd bei beiden Elternteilen lebt (Wechselmodell), gibt es keinen Schwerpunkt der Betreuung. Kein Elternteil hat die Obhut i.S. von § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB inne. Dann muss der Elternteil, der den anderen für barunterhaltspflichtig hält, entweder
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Ein Elternteil ist Träger der Obhut i.S. von § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB, wenn bei ihm ein eindeutig feststellbares, aber nicht notwendigerweise großes Übergewicht bei der tatsächlichen Fürsorge des Kindes vorliegt. T hielt sich an jedem zweiten Wochenende von Freitag bis Sonntag und darüber hinaus an zwei Tagen in der Woche bei V auf. Bezogen auf einen Zeitraum von 14 Tagen wird die T danach an sieben vollen Tagen allein von M betreut. An den anderen sieben Tagen soll zwar Kontakt zum V stattfinden. Nach dem Umgangsschema ist aber nur am Samstag des Besuchswochenendes eine ganztägige Betreuung durch V gewährleistet. Im Übrigen würde sich die T entweder morgens oder abends noch bei M aufhalten. Damit liegt das Übergewicht der Betreuung bei der M.
Unerheblich ist, dass der zeitliche Betreuungsvorsprung der M im Wesentlichen auf der Mehrzahl der Übernachtungen der T bei ihr beruht. Denn die Strukturierung des kindlichen Tagesablaufs in den Morgen- und Abendstunden ist eine wichtige Aufgabe, die der Elternteil wahrnehmen muss, in dessen Haushalt das Kind übernachtet. Dazu kommt, dass V wegen seines Schichtdienstes langfristig Betreuungszeiten nicht verlässlich zusagen kann und sich die M deshalb insbesondere auf die Betreuung des Kindes im Krankheitsfall und auf die kurzfristige Absage von Besuchszeiten einrichten muss.
T ist wirksam in das Verfahren eingetreten
Ein Elternteil kann Kindesunterhalt gegen den anderen nur im eigenen Namen geltend machen, solange sie getrennt leben oder eine Ehesache anhängig ist, § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB. Daran ändert auch die während des Verfahrens eingetretene Rechtskraft der Scheidung nichts. Die Verfahrensstandschaft bleibt. Dies entspricht dem Rechtsgedanken des § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO, nach dem ein Unterhaltsverfahren, das in Verfahrensstandschaft eingeleitet wurde, auch durch die Rechtsmittelinstanzen bis zum Abschluss gebracht werden kann, wenn die elterliche Sorge bis dahin keinem anderen übertragen worden ist.
Der Schutzzweck des § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB steht dem Eintritt der T nach Rechtskraft der Scheidung der Eltern nicht entgegen. T kann im Wege des gewillkürten Beteiligtenwechsels in das Verfahren eintreten, wenn der ausscheidende Verfahrensstandschafter zustimmt. Auch der Antragsgegner muss zustimmen, wenn bereits mündlich verhandelt worden ist. Die Zustimmung wird aber unwiderlegbar vermutet, wenn er sich - wie hier der V - in die folgenden mündlichen Verhandlungen eingelassen hat, ohne der im Antragstellerwechsel liegenden Antragsänderung zu widersprechen, § 267 ZPO.
OLG hat zu Recht die alleinige Barunterhaltspflicht des V angenommen
Nach § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB erfüllt der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, seine Pflicht zum Unterhalt des Kindes beizutragen, i.d.R. durch dessen Pflege und Erziehung. Dieser Elternteil trägt die Hauptverantwortung für das Kind. Der nicht Betreuende ist barunterhaltspflichtig. Diese Beurteilung ist so lange nicht infrage zu stellen, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt. Deshalb ändert sich an der Aufteilung zwischen Bar- und Betreuungsunterhalt nichts, wenn der Barunterhaltspflichtige seinerseits Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, selbst wenn dies über das übliche Maß hinaus erfolgt, die Ausgestaltung des Umgangsrechts sich bereits einer Mitbetreuung annähert. Wenn und soweit der andere gleichwohl die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, muss es dabei bleiben, dass er seine Unterhaltspflicht durch die Pflege und Erziehung erfüllt.
Ein anderes Ergebnis rechtfertigt sich erst, wenn die Eltern sich in der Betreuung eines Kindes abwechseln, sodass jeder von ihnen etwa die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben wahrnimmt. In solchen Fällen wird eine anteilige Barunterhaltspflicht der Eltern in Betracht kommen, weil sie auch für den Betreuungsunterhalt nur anteilig aufkommen. Ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt und damit seine Unterhaltspflicht bereits durch Erziehung und Pflege des Kindes erfüllt, hängt nicht nur von der zeitlichen Komponente ab. Diese stellt jedoch ein wesentliches Indiz dar. Insoweit hat M über ihren zeitlich größeren Einsatz bei der Betreuung der T im eigenen Haushalt hinaus bedeutsame organisatorische Aufgaben der Kinderbetreuung weitgehend allein wahrgenommen, namentlich die Beschaffung von Kleidung und Schulutensilien sowie die Regelung der Teilnahme an außerschulischen Aktivitäten wie Sport- oder Musikunterricht.
Bei der Frage, ob und inwieweit sich die umfangreiche Betreuung durch den Umgangsberechtigten auf den Barunterhalt auswirkt, ist zu unterscheiden zwischen Kosten, die den Bedarf teilweise decken und solchen, die reinen Mehraufwand für die Ausübung des Umgangsrechts darstellen und den anderen Elternteil nicht entlasten. Dass V den Wohnbedarf der T in der Zeit, in der sie sich bei ihm aufhält, bestreitet, mindert ihren Unterhaltsbedarf nicht. Denn in den Tabellensätzen sind nur die bei einem Elternteil anfallenden Wohnkosten enthalten. Diese Kosten sind bei einem im üblichen Rahmen ausgeübten Umgangsrecht i.d.R. unbeachtlich, weil es typischerweise angemessen und ausreichend ist, die Kinder in den Räumlichkeiten mit unterzubringen, die dem individuellen Wohnbedarf des Unterhaltspflichtigen entsprechen. Gleiches gilt für die Fahrtkosten, die mit der Ausübung des Umgangsrechtes verbunden sind. Diese trägt grundsätzlich der Umgangsberechtigte.
MERKE | Die Erweiterung des Umgangsrechts über das übliche Maß hinaus führt bei nicht beengten wirtschaftlichen Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen ebenfalls noch zu keiner anderen Beurteilung. Sie können insbesondere nicht von dessen Einkommen abgezogen werden, wenn ihm - wie hier - auch nach dem Abzug dieser Kosten noch ein ausreichendes Einkommen verbleibt. |
Ausnahmen möglich bei einem deutlich erweiterten Umgangsrecht
Allerdings können die beim deutlich erweiterten Umgangsrecht getätigten Aufwendungen bei der Ermittlung des Kindesunterhalts nach Tabellenwerten durch eine Umgruppierung innerhalb der Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle (DT) Rechnung getragen werden. Die Unterhaltsbedarfssätze der DT sind nur Hilfsmittel für die Unterhaltsbemessung. Das mit ihrer Hilfe gewonnene Ergebnis ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls stets auf seine Angemessenheit und Ausgewogenheit hin zu prüfen. Nimmt der Barunterhaltspflichtige ein weit über das übliche Maß hinausgehendes Umgangsrecht wahr, dessen Ausgestaltung sich bereits einer Mitbetreuung annähert, kann der Tatrichter bei der Ausübung seines Ermessens im Rahmen der Angemessenheitskontrolle die wirtschaftliche Belastung des Unterhaltspflichtigen insbesondere mit zusätzlichen Fahrtkosten und den Kosten für das Vorhalten von Wohnraum zum Anlass dafür nehmen, den Barunterhaltsbedarf unter Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen (EKG) der DT zu bestimmen oder auf eine an sich gebotene Höherstufung in eine höhere EKG zu verzichten.
Davon zu unterscheiden sind Aufwendungen des Umgangsberechtigten, der dem Kind Leistungen erbringt, mit denen er den Unterhaltsbedarf des Kindes anders als durch Zahlung einer Geldrente teilweise deckt. Dies ist aber nicht schon deshalb der Fall, weil durch die Abwesenheit des Kindes während der Ausübung des Umgangsrechts im Haushalt des Betreuenden Aufwendungen für die Verpflegung des Kindes und ggf. Energie- und Wasserkosten erspart werden, da diese sonst aus dem Kindesunterhalt hätten bestritten werden müssen. Soweit das Umgangsrecht in einem üblichen Rahmen ausgeübt wird, folgt dies schon daraus, dass die pauschalierten Bedarfssätze der DT die Ausübung eines üblichen Umgangsrechts bereits berücksichtigen, sodass dessen Kosten entschädigungslos von dem besuchten Elternteil zu tragen sind. Ob dies auch für die Ausübung eines deutlich erweiterten Umgangsrechts gilt, hat der BGH bis jetzt dahingehend entschieden, dass nennenswerte Ersparnisse aufseiten des Betreuenden nicht gegeben sind, sodass der volle Kindesunterhalt zu zahlen ist. Dies ist nicht ohne Kritik geblieben. Letztlich kann dies hier offenbleiben, weil V die durch ihn getragenen Mehraufwendungen für die Verköstigung der T nicht dargelegt hat.
Praxishinweis
Nimmt ein Elternteil ein weit über das übliche Maß hinausgehendes Umgangsrecht wahr, muss abgegrenzt werden, ob es sich um ein Wechselmodell oder um ein Residenz- bzw. Eingliederungsmodell handelt. Dies wirkt sich auf die Zulässigkeit des Verfahrens und die Unterhaltsberechnung aus.
Vorliegen des Wechselmodells
Das Wechselmodell liegt vor, wenn beide Elternteile das Kind hälftig bzw. nahezu hälftig betreuen. Maßgebend ist, bei welchem Elternteil das deutliche Schwergewicht der Betreuung liegt. Dabei kommt der zeitlichen Komponente der Betreuung eine Indizwirkung zu. Ebenso ist jedoch festzustellen, welcher Elternteil über den zeitlichen Einsatz bei der Betreuung des Kindes im eigenen Haushalt hinaus weitere bedeutsame organisatorische Aufgaben der Kindesbetreuung weitgehend allein wahrnimmt, namentlich die Beschaffung von Kleidung und Schulutensilien, die Regelung der Teilnahme an außerschulischen Aktivitäten wie Sport- oder Musikunterricht, Teilnahme an Klassenpflegschaften, Elternabenden, Arztbesuchen etc. Ergibt sich sowohl aus der zeitlichen Komponente als auch an dem weitergehenden Einsatz der Betreuung im eigenen Haushalt, dass eine hälftige oder nahezu hälftige Betreuung vorliegt, greifen die Grundsätze des Wechselmodells ein. Dies bedeutet, dass ein Elternteil den Unterhalt nur geltend machen kann, wenn er beim Familiengericht beantragt hat, ihm gemäß § 1628 BGB die Entscheidung zur Geltendmachung von Kindesunterhalt allein zu übertragen oder aber für das Kind ein Ergänzungspfleger bestellt worden ist. Außerdem sind nun beide Elternteile teilweise barunterhaltspflichtig. Der BGH hat folgende Vorgaben gemacht, wie der Unterhalt zu berechnen ist:
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Das bereinigte monatliche Einkommen (EK) des Vaters (V) beträgt 1.900 EUR, das der Mutter (M) 1.300 EUR. Begehrt wird Unterhalt für ein 10-jähriges Kind K. Das Kindergeld von 184 EUR erhält M.
Berechnung: Anteil des V: 282 EUR (Tabellenbetrag nach Einkommensgruppe 6/Altersstufe 2: 466 EUR abzüglich Kindergeld von 184 EUR) x 700 EUR (EK V abzüglich Sockelbetrag 1.200 EUR angemessener Selbstbedarf wie beim Volljährigenunterhalt) : 800 EUR (EK von V und M jeweils abzüglich des Sockelbetrags) = ca. 247 EUR davon ½ = 123,38 EUR.
Anteil der M: 282 EUR x 100 EUR (EK M abzüglich Sockelbetrag 1.200 EUR angemessener Selbstbedarf wie beim Volljährigenunterhalt) : 800 EUR (s.o.) = 35,25 EUR davon ½ = 17,63 EUR. Außerdem muss M das halbe Kindergeld von 92 EUR abführen, insgesamt also 109,63 EUR. Sie erhält von V 123,38 EUR, im Wege einer etwaigen Verrechnung also 13,75 EUR.
Der Bedarf des K wird also aus den beiderseitigen Einkünften der Eltern ermittelt. Daher dürfte auch kein Mehrbedarf wegen des Wechselmodells entstehen, wie Klinkhammer meint (Wendl/Dose/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 2 Rn. 450).
Zudem ist das gesamte Kindergeld anzurechnen, weil dies so in § 1612b BGB geregelt ist. Gutdeutsch will nur das halbe Kindergeld anrechnen (Bausch/Gutdeutsch/Seiler, FamRZ 12, 258). Dies lässt sich mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht vereinbaren.
Jeder Elternteil erbringt zur Hälfte auch Betreuungsleistungen. Daher ist der Barunterhalt um die Hälfte zu kürzen. Da die M das ganze Kindergeld erhält, es aber zwischen beiden Elternteilen aufzuteilen ist, ist zu überlegen, wie mit dem Kindergeld zu verfahren ist. Beim Wechselmodell erhält nur ein Elternteil das Kindergeld. Eine Aufteilung kommt nicht in Betracht. Notfalls müssen sich die Eltern darüber einigen, an wen das Kindergeld zu zahlen ist. Dies bedeutet aber nicht, dass dieser Elternteil das Kindergeld behalten darf. Da er das Kind genauso betreut wie der andere und beide auch barunterhaltspflichtig sind, kommt eigentlich nur eine hälftige Aufteilung des Kindergeldes in Betracht. Nach der Berechnung von Klinkhammer muss das Kindergeld anteilig nach den Haftungsquoten verteilt werden. Dies erscheint aber im Hinblick auf die hälftige Betreuung wenig überzeugend. In Betracht käme, das halbe Kindergeld hälftig und die andere Hälfte anteilig zu verteilen. |
Vorliegen des Residenz- oder Eingliederungsmodells
Bei diesem Modell liegt das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil. Dieser leistet gemäß § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB seinen Unterhaltsbeitrag durch die Betreuung des Kindes, während der andere allein barunterhaltspflichtig ist. In diesem Fall ist zu prüfen, ob sich Änderungen des Barunterhalts dadurch ergeben, dass der Barunterhaltspflichtige ein weit über das übliche Maß hinausgehendes Umgangsrecht wahrnimmt. Der BGH unterscheidet zu Recht die Kosten, die zu einer teilweisen Bedarfsdeckung führen und solchen Kosten, die reinen Mehraufwand für die Ausübung des Umgangsrechts darstellen und den anderen Elternteil nicht entlasten.
Zu den Kosten, die reinen Mehraufwand darstellen, gehören Fahrtkosten und Kosten für das Bereithalten von Wohnraum zur Übernachtung von Kindern. Diese Aufwendungen können insoweit berücksichtigt werden, als der Kindesunterhalt nach den Tabellenwerten einer niedrigeren Einkommensgruppe bemessen wird, als nach dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen tatsächlich einschlägig ist. Genauso gut ist es möglich, von einer gebotenen Höherstufung abzusehen. So kann die wirtschaftliche Belastung des Unterhaltspflichtigen mit zusätzlichen Fahrtkosten und Kosten für das Vorhalten von Wohnraum angemessen berücksichtigt werden.
Fraglich ist, ob wegen der Kosten, die zu einer teilweisen Bedarfsdeckung führen, der Barunterhalt herabzusetzen ist. Voraussetzung ist, dass nur solche Kosten zu berücksichtigen sind, die über die Kosten hinausgehen, die bei Ausübung des Umgangsrechts im üblichen Rahmen entstehen. Dazu werden Übernachtungen an jedem zweiten Wochenende im Monat sowie Ferienaufenthalte in einer Größenordnung von jeweils der Hälfte der einzelnen Ferien nichterfasst werden. Nur darüber hinausgehende Kosten können berücksichtigt werden. Der BGH hat dies allerdings offengelassen.
M.E. wird man etwaige Mehrkosten bedarfsdeckend berücksichtigen müssen. Sonst gibt es einen Widerspruch zur Berücksichtigung von Verpflegungskosten beim Kindergartenbesuch. Die an den Kindergarten zu zahlenden Verpflegungskosten sind kein Mehrbedarf des Kindes, weil diese Kosten aus dem Barunterhalt zu erbringen sind. Der betreuende Elternteil muss also den Barunterhalt einsetzen, um die Verpflegungskosten während des Kindergartenbesuchs sicherzustellen. Es ist kaum zu argumentieren, dass dagegen der Verpflegungsaufwand, der bei dem Elternteil entsteht, der das Umgangsrecht über das übliche Maß hinaus wahrnimmt, nicht den Barunterhalt schmälern darf. Dieser Aufwand ist zudem höher als der Verpflegungsaufwand im Kindergarten. Es ist schwierig zu erklären, dass der Barunterhalt für Verpflegungskosten beim Kindergartenbesuch einzusetzen ist, bei einer sonstigen Deckung des Verpflegungsaufwands durch den Barunterhaltspflichtigen, der Barunterhalt jedoch voll zu zahlen ist. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um die Aufwendungen handelt, die sich daraus ergeben, dass das Umgangsrecht in einem viel weitergehenden Umfang ausgeübt wird. Nur diese Mehrkosten können den Barbedarf des Kindes decken.
Weiterführender Hinweis
- BGH FamRZ 06, 1015; 07, 707, die vorliegende Entscheidung knüpft daran an