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  • 19.11.2013 · IWW-Abrufnummer 171037

    Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 08.10.2013 – 1 Ta 154/13

    1)



    Der Vermögenseinsatz durch Veräußerung des Hauses ist in der Regel unzumutbar, wenn der Antragsteller eine Wohnung des Hauses als Familienwohnung selbst bewohnt.



    2)



    In solchen Fällen kommt nur eine Beleihung des Objektes im Rahmen der Beleihungsgrenzen in Betracht.


    Tenor: Auf die Anhörungsrüge des Klägers wird der Beschluss vom 26.08.2013 (1 Ta 154/13) aufgehoben. Aufgrund der sofortigen Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 08.05.2013 (5 Ca 915/13 EU) abgeändert. Dem Kläger wird für die Klageanträge zu 2), 3), 4) mit Wirkung ab Antragstellung ratenfreie Prozess-kostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt und zur Wahrung der Rechte Rechtsanwalt S aus B beigeordnet. Gründe: I. Auf die gemäß § 78 a) Abs. 1 ArbGG zulässige Anhörungsrüge war der Beschluss des Gerichts vom 26.08.2013 aufzuheben und das Verfahren fortzuführen. Die Voraussetzungen für eine Fortführung des Verfahrens gemäß § 78 a Abs. 1 ArbGG sind erfüllt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat durch anwaltliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass das gerichtliche Schreiben vom 03.07.2013 mit verschiedenen Auflagen an den Kläger in der Kanzlei nicht eingegangen ist. Der Kläger konnte mithin nicht Stellung nehmen. Die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beruhte darauf, dass der Kläger die geforderte Stellungnahme nicht abgegeben hat. Sein Anspruch auf rechtliches Gehör i. S. v. § 78 a) Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ist dadurch in entscheidungserheblicher Weise verletzt. II. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers mit Schriftsatz vom 20.09.2013 sowie der beigefügten Unterlagen ist festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe sowie für eine Beiordnung i. S. v. §§ 114 S. 1, 115, 121 Abs. 2 ZPO, 11 a) Abs. 3 ArbGG für die Klageanträge zu 2) - 4) erfüllt sind. 1. Die mit den Klageanträgen zu 2) - 4) geltend gemachten Ansprüche sind schlüssig dargelegt, so dass die erforderliche Erfolgsaussicht i. S. v. § 114 S. 1 ZPO gegeben ist. 2. Unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers ist Prozesskostenhilfe gemäß § 115 Abs. 1 ZPO ratenfrei zu gewähren. a) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht wegen vorhandenen Vermögens gemäß § 115 Abs. 3S. 1 ZPO i. V. m. § 11 a) Abs. 3 ArbGG ausgeschlossen. aa) Zwar stellt das Mehrfamilienhaus des Klägers mit fünf Wohneinheiten kein Schonvermögen gemäß § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII dar (ebenso zum Mehrfamilienhaus: LAG Hamm v. 07.12.2009 - 14 Ta 349/09-;Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrens-kostenhilfe, 6. Aufl.,Rn. 346). bb) Jedoch scheitert der Vermögenseinsatz an der Zumutbarkeit gemäß § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO. Für die Frage der Zumutbarkeit ist relevant, dass der Kläger eine Wohnung des Hauses selbst mit seinem Sohn bewohnt. In derartigen Fällen wird bei Mehrfamilienhäusern zur Erhaltung der Familienwohnung im Regelfall nur eine Kreditaufnahme und keine Verwertung des Objekts zuzumuten sein (ebenso LAG Hamm v. 07.12.2009 a. a. O.; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskosten-hilfe, 6. Aufl., Rn. 346). cc) Hinsichtlich einer Beleihung des Hauses hat der Kläger glaubhaft gemacht, dass diese derzeit nicht möglich ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich Banken bei der Beleihung im Wege des Realkredits in der Regel an der Beleihungsgrenze gemäß § 14 Abs. 1, § 16 Abs. 1 u. 2 PfandBG in Höhe von 60 % des aufgrund einer Wertermittlung festgesetzten Wertes des Grundstücks orientieren und diese Grenze nur bei besonderen Umständen und Bonität überschreiten. Bei dem angegebenen Verkehrswert des Hauses in Höhe von 310.000.— EUR beträgt die Beleihungsgrenze 186.000.— EUR und ist durch die vorhandene Beleihung in Höhe von 229.000.— EUR bereits deutlich überschritten. Dementsprechend ist es auch glaubhaft und nachvollziehbar, dass die V -Bank N eine Kreditanfrage über 20.000.— EUR abschlägig beschieden hat und bei anderen Banken ebenfalls keine weitere Beleihung möglich ist. b) Bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens ist das Gericht von einem Netto-Arbeitseinkommen in Höhe von 789,94 EUR monatlich, Kindergeld in Höhe von 184,00 EUR, 334,00 EUR Unterhaltseinkünften sowie- aufgrund des Leerstands von Wohnungen - von Mieteinnahmen in Höhe von derzeit nur 700,00 EUR insgesamt 2.007,94 EUR ausgegangen. Von diesen Einkünften sind der Unterhaltsfreibetrag in Höhe von 442,00 EUR, der Erwerbstätigkeitsfreibetrag in Höhe von 201,00 EUR, ein Unterhaltsfreibetrag für das fast 15-jährige Kind in Höhe von 338,00 EUR, Kosten für Wohnen und Heizen in Höhe von 1.372,00 EUR sowie monatliche Darlehensraten von 128,00 EUR für den Pkw und 400,00 EUR für die Rückzahlung des Privatkredits für die Kanalanschlusskosten, insgesamt 2.881,00 EUR abzuziehen. Im Ergebnis errechnet sich derzeit kein einzusetzendes Einkommen. 3. Die Voraussetzungen für eine Beiordnung eines Rechtsanwalts sind ebenfalls erfüllt. Zur Durchsetzung der Rechte gegenüber dem Beklagten war die Vertretung durch einen Rechtsanwalt für den rechtsunkundigen Kläger erforderlich (§ 121 Abs. 2 ZPO). III. Der Beschluss ist unanfechtbar.

    Rechtsgebiet§ 115Vorschriften§ 115 Abs. 3 S. 1 ZPO