· Fachbeitrag · PKH/VKH
Vermietete Immobilien sind kein Schonvermögen
von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz
| Die selbst bewohnte Eigentumswohnung gehört zum Schonvermögen der der PKH-/VKH-beantragenden Partei. Im Gegensatz dazu muss sie nach Ansicht des BGH vermietete Eigentumswohnungen zur Finanzierung der Prozesskosten einsetzen. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Eine Veräußerung ist gemäß § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO i. V. m. § 90 SGB XII zumutbar, auch wenn erhebliche Kreditkosten bestehen, die Wohnungen teilweise familiär genutzt werden und eine teure energetische Sanierung bevorsteht. Zudem war hier eine großzügige Stundungsfrist von eineinhalb Jahren für die Zahlung der Verfahrenskosten möglich, weil der Antragsteller angab, seine Immobiliendarlehen bis dahin vollständig zurückzuzahlen und seine Belastungsgrenze der Planung nicht im Weg steht. Die Tatsache, dass der Antragsteller glaubhaft gemacht hatte, derzeit nicht kreditfähig zu sein, spielte in diesem Zusammenhang keine Rolle (BGH 18.8.22, V ZR 3/22, Abruf-Nr. 235158).
Relevanz für die Praxis
Der Einsatz von Vermögenswerten ist grundsätzlich auch zumutbar, wenn mit der vorzeitigen Verwertung Einbußen verbunden sind (OLG Brandenburg OLGR 08, 915; FamRZ 06, 1396; OLG Nürnberg FamRZ 06, 1399; OLG Celle FamRZ 05, 992 für Sparguthaben). Eine Zweckbindung des Vermögens ist grundsätzlich unbeachtlich (OLG Brandenburg OLGR 08, 915; BAG FamRZ 06, 1445). Voraussetzung für den Vermögenseinsatz ist jedoch stets, dass die Verwertung des Vermögens zeitnah möglich und zumutbar ist (OLG Bremen FamRZ 11, 386).
Allerdings führen mögliche Schwierigkeiten der zeitnahen Verwertung eines Vermögensgegenstands nicht dazu, dass er als Schonvermögen zu behandeln ist ‒ in einem solchen Fall kann angeordnet werden, dass der aus dem bereits vorhandenen Vermögen zu zahlende Betrag gestundet wird (OLG Koblenz MDR 14, 48; OLG Bremen, a. a. O.). Vermögen, das erst später einsatzfähig oder verwertbar ist, kann letztlich im Rahmen einer Abänderungsentscheidung gemäß § 120a ZPO berücksichtigt werden (OLG Hamm FamRZ 16, 928).
PRAXISTIPP | Ehegatten sind oft je zur Hälfte Miteigentümer der Immobilie. Deshalb scheidet eine zeitnahe Verwertung durch Veräußerung regelmäßig aus. So ist zu prüfen, ob eine Beleihung des Objekts zum Zweck einer Darlehensaufnahme angesichts der Einkommensverhältnisse des PKH/VKH Beantragenden infrage kommt (vgl. bereits BGH FamRZ 07, 460). Insofern trägt diese Partei die vollständige Darlegungslast für ihre Bedürftigkeit. Sie muss schlüssig darlegen, dass kein einzusetzendes Vermögen vorhanden ist bzw. dass der Einsatz (durch Veräußerung oder Beleihung) vorhandenen Vermögens unzumutbar ist. |
Weiterführender Hinweis
- Einzusetzendes Vermögen und Schonvermögen, RVG prof. 21, 195