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  • 27.10.2008 | Rechtsmangel

    Wann liegt eine Gebrauchsentziehung vor?

    Dem Mieter, der Räume von einem nicht verfügungsberechtigten Vermieter gemietet hat, wird der vertragsmäßige Gebrauch bereits dadurch entzogen, dass der wahre Berechtigte nicht bereit ist, den Mieter die Mietsache zu den mit dem Vermieter vereinbarten Konditionen nutzen zu lassen (BGH 10.7.08, IX ZR 128/07, Abruf-Nr. 082584).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger mietete von der Gemeinde B. Räume zu Wohn- und Gewerbezwecken. Ihm wurde ein nicht notariell beurkundetes „Vormiet- und Vorkaufsrecht“ eingeräumt. Er investierte erhebliche Mittel in den Um- und Ausbau der Räumlichkeiten. Später erfuhr er, dass tatsächlich die BRD Eigentümerin des Anwesens war. Diese ließ den abgeschlossenen Mietvertrag nicht gegen sich gelten. Sie bot dem Kläger aber an, die Räumlichkeiten zu einem um ein Mehrfaches höheren Mietzins, als mit der Gemeinde vereinbart war, von ihr zu mieten. Daraufhin räumte der Kläger das Gebäude. Seine Investitionen sind weitgehend verloren. Er beauftragte den Beklagten, die Vermieterin auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen. Dieser erhob in unverjährter Zeit keine Klage. In den Vorinstanzen hatte die Regressklage wegen anwaltlicher Pflichtverletzung keinen Erfolg. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.  

     

    Praxishinweis

    Da der Beklagte den Kläger davon abgehalten hat, rechtzeitig Klage gegen die Gemeinde zu erheben und etwaige Schadenersatzansprüche des Klägers gegen diese inzwischen verjährt sind, haftet der Beklagte aus anwaltlicher Pflichtverletzung auf Schadenersatz, wenn dem Kläger hierdurch ein Schaden entstanden ist. Prämisse hierfür ist eine Rechtsmängelhaftung der Gemeinde nach dem im Streitfall noch anzuwendenden § 541 a.F. BGB. Danach finden §§ 537, 538, § 539 S. 1 und § 540 BGB a.F. entsprechende Anwendung, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der gemieteten Sache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen wird. Unter derselben Voraussetzung kann der Mieter auch nach neuem Recht
    (§ 536 Abs. 3, § 536a Abs. 1 BGB n.F.) Schadenersatz verlangen.  

     

    Der bloße Bestand von Rechten Dritter, die dem Besitzrecht des Mieters vorgehen, stellt noch keine haftungsauslösende Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs dar. Dass einem Dritten ein Recht an der Mietsache zustehen mag, das generell geeignet sein könnte, den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache zu beeinträchtigen, ist im Mietrecht nicht ungewöhnlich und stellt für sich allein keinen Rechtsmangel i.S. des § 541 BGB a.F. (§ 536 Abs. 3 BGB n.F.) dar (BGH NJW-RR 99, 1239). Ein solcher tritt erst ein, wenn der Dritte sein Recht in einer Weise geltend macht, die zu einer Störung des Mieters in dem ihm zustehenden Gebrauch führt (BGH NJW 96, 46; NJW-RR 89, 77). Für eine derartige Störung ist nicht erforderlich, dass der Dritte gegen den Mieter einen ihm zustehenden Herausgabeanspruch geltend macht und Räumung verlangt. Eine zu einem Rechtsmangel führende Beeinträchtigung der Gebrauchsgewährung liegt bei der Vermietung von Räumen vielmehr schon in der mündlichen Androhung des Dritten, sein Recht geltend zu machen, wenn dies für den Mieter Anlass genug ist, daraufhin den Gebrauch zu unterlassen oder aufzugeben (BGH NJW-RR 95, 715; NJW-RR 99, 845; NJW 00, 291).