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  • · Fachbeitrag · Verjährung

    Schlüsselrückgabe an Hauswart als Besitzdiener des Vermieters setzt Verjährung nicht in Gang

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

     

    Sachverhalt

    Die Kläger nehmen die Beklagten auf Zahlung von Schadenersatz aus einem zum 31.12.09 beendeten Wohnraummietverhältnis in Anspruch. Mit jeweils am 30.6.10 beim Mahngericht eingegangenen Mahnbescheidsanträgen haben die Kläger gegen die Beklagten das Mahnverfahren eingeleitet, das zeitnah in das streitige Verfahren übergegangen ist. Die Beklagten berufen sich auf Verjährung, weil sie - unstreitig - nach ihrem Auszug aus der Wohnung die Wohnungsschlüssel am 20.12.09 an den im gleichen Haus wohnenden Hauswart übergaben. Dieser war beauftragt, Wohnungsbesichtigungen durchzuführen und nach Rücksprache mit der Hausverwaltung zum Teil auch Schlüssel zurückzunehmen. Das AG hat der Klage teilweise stattgegeben, das LG sie insgesamt abgewiesen. Die Revision hat Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Nach § 548 Abs. 1 S. 1, 2 BGB beginnt die sechsmonatige Verjährungsfrist für Ersatzansprüche wegen ­Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Zweck des § 548 BGB ist, zeitnah zur Rückgabe der Mietsache eine möglichst schnelle Klarstellung über bestehende Ansprüche im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache zu erreichen (BGH MK 12, 11, Abruf-Nr. 112342). Das setzt dreierlei voraus:

     

    • Der Vermieter muss in die Lage versetzt werden, sich durch Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft ungestört ein umfassendes Bild von den Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache zu ­machen (BGH MK 12, 57),
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    • der Mieter muss den Besitz vollständig und eindeutig aufgeben und
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    • der Vermieter muss hiervon Kenntnis erlangen (BGH MK 06, 196, Abruf-Nr. 114011). Grund: Ohne Kenntnis von der Besitzaufgabe, etwa durch Rück­gabe der Wohnungsschlüssel an ihn oder seinen Bevollmächtigten, ist der Vermieter nicht in der Lage, den Zustand der Wohnung zu prüfen.

     

    Hieran gemessen wären die Schadenersatzansprüche nur verjährt, wenn der Vermieter die Wohnung bereits mit Rückgabe der Schlüssel an den Hauswart i.S. des § 548 Abs. 1 BGB zurückerhalten oder vor dem 31.12.11 tatsächlich Kenntnis von der Schlüsselrückgabe erhalten hat.

     

    Das LG hat - insoweit mit Billigung des BGH - angenommen, dass in der Rückgabe der Wohnungsschlüssel an den Hauswart die erforderliche ­vollständige und unzweideutige Besitzaufgabe der Beklagten als Mieter liegt und dass der Hauswart als Besitzdiener der Vermieter gemäß § 855 BGB ­anzusehen ist. Dies allein reicht jedoch für die Rückgabe der Wohnung i.S. von § 548 Abs. 1 S. 2 BGB nicht aus. Die Kläger als Vermieter waren damit noch nicht in die Lage versetzt, sich durch die nun erlangte unmittelbare Sachherrschaft - vermittelt durch den Hauswart als Besitzdiener - ein Bild vom Zustand der Wohnung machen zu können. Grund: Sie selbst hatten keine Kenntnis von der Wohnungsrückgabe, während ihr Besitzdiener nicht bevollmächtigt war, Wohnungsabnahmen durchzuführen.

     

    Ein Vermieter oder die zuständige Hausverwaltung muss sich die Kenntnis von der Schlüsselübergabe an den Hauswart auch nicht spätestens ab dem Zeitpunkt analog § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen, zu dem üblicherweise davon auszugehen ist, dass diese im Geschäftsbetrieb vom Hauswart erlangte Information an den Vermieter oder die Hausverwaltung weitergegeben wird. Grund: Die Frage, ob ein Hauswart oder Hausmeister eine zum Empfang der Schlüssel berechtigte Person ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Insbesondere kommt es auf die konkrete Ausgestaltung seiner Tätigkeit an, also ob er allgemein oder für den konkreten Fall vom Vermieter (oder der von ihm bevollmächtigten Hausverwaltung) mit der Rücknahme der Wohnung ­beauftragt ist (Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 11. Aufl., § 546 BGB Rn. 62). Das heißt: Die Kenntnis des Hauswarts von der Rückgabe der Wohnungsschlüssel ist dem Vermieter oder der ihn vertretenden Hausverwaltung nur zuzurechnen, wenn der Hauswart konkret damit beauftragt ist, die Wohnungsschlüssel zum Zweck der Übergabe der Wohnung entgegenzunehmen.

     

    Praxishinweis

    Weder ist die Beendigung des Mietvertrags Voraussetzung für den Beginn der kurzen Verjährung (BGH MK 06, 116, Abruf-Nr. 061352), noch muss der ­Vermieter die Mietsache jederzeit - sozusagen „auf Zuruf“ - zurücknehmen, etwa wenn der Mieter kurzfristig auszieht und den Schlüssel zur Wohnung an den Vermieter zurückgeben will (BGH MK 12, 57, Abruf-Nr. 114011).

     

    Beachten Sie | Die Verjährung gemäß § 548 Abs. 1 BGB wird nur in Lauf ­gesetzt, wenn der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Das ist qualitativ mehr als die schlichte Rückgabe der Mietsache. Außer der Übertragung des Besitzes an der Wohnung vom Mieter an den Vermieter muss dessen Kenntnis von der Besitzaufgabe hinzukommen. Hierfür ist der Mieter darlegungs- und beweisbelastet.

     

    Vereinbaren Mieter und Vermieter übereinstimmend einen gemeinsamen Besichtigungstermin vor der Rückgabe der Mietsache, kann der Mieter ­hinsichtlich des Beginns der Verjährung mietrechtlicher Ansprüche nicht geltend machen, der Vermieter hätte das Mietobjekt bereits zu einem ­früheren Zeitpunkt besichtigen können und die kurze Verjährungsfrist sei ­daher bereits vor Durchführung des Termins in Gang gesetzt worden (OLG München ZMR 10, 285).

    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 5 | ID 42437600