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  • · Fachbeitrag · Heizungsgesetz (Teil 3)

    Ansprüche des klima- und kostenbewussten Mieters

    von Dr. Hans Reinold Horst, RA und Syndikus-RA, Hannover/Solingen

    | Im Zusammenhang mit dem novellierten Gebäudeenergiegesetz (GEG; „Heizungsgesetz“) stellen sich nicht nur für Vermieter zahlreiche Fragen (s. MK 24, 64, 92). Auch Mieter fragen sich, ob sie Anspruch auf eine neue Heizung haben ‒ sei es aus „gefühlter“ klimapolitischer Verantwortung oder sei es, weil sie glauben, damit Betriebskosten einsparen zu können. |

    1. Modernisierungspflicht: Heizungstausch?

    Das novellierte GEG ordnet sowohl die umfängliche energetische Modernisierung der Heizungsanlage wie auch den reinen Heizungstausch, bezogen auf Kessel und Brenner, als Modernisierung ein (§ 555b Nr. 1, Nr. 1a, §§ 559, 559e BGB). Dies führt zu folgenden Grundannahmen: Die Einordnung als Modernisierung zeigt, dass der Gesetzgeber in den vertragsgemäß geschuldeten Zustand der Mieträume und ihrer technischen Ausstattung nicht eingreifen will. Denn „Modernisierung“ führt vom Begriff her zu einer Verbesserung, nicht zu einer Aufrechterhaltung oder gar zu einer Wiederherstellung des vertragsgemäß geschuldeten Zustands. Kurzum: Ohne technische Verbesserung keine Modernisierung (BGH WuM 23, 416).

     

    Die inhaltliche Ausformung des vertragsgemäßen Zustands ist weiterhin dem Willen der vertragsschließenden Parteien unterworfen (sog. subjektiver Fehlerbegriff): Nicht das technisch Optimale und Modernste wird geschuldet, sondern das, was die Parteien als ordnungsgemäß, sprich: vertragsgemäß, vereinbart haben. Diese Vereinbarungen können auch hinter dem modernsten und technischen Optimum zurückbleiben (Substandard).

     

    Das GEG ändert an diesem Grundverständnis nichts. Daraus folgt: Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass eine öffentlich-rechtliche Pflicht zum Heizungstausch nicht als Rechtsreflex auf den Mietvertrag als privatrechtliches Verhältnis ausstrahlt. Sie besteht deshalb nur gegenüber der Baubehörde, nicht gegenüber dem Mieter (LG Köln IMR 14, 503; BGH NZM 12, 154; DWW 11, 56; NZM 10, 356; NJW 04, 3174; Kinne, GE 07, 30). Die Annahme eines dynamischen Mangelbegriffs, der von einer Einflussnahme nachfolgend gesetzten Rechts auf den geschuldeten Zustand der Mieträume abstellt, ist ebenfalls daher nicht veranlasst (im Ergebnis ebenso: Flatow, NZM 08, 785; zweifelnd Börstinghaus, NJW 23, 3193; so aber Gsell/Mayrhofer, NZM 20, 1065; Gsell, WuM 22, 249).

     

    Beachten Sie | Selbst eine geduldete Modernisierung hätte keine Auswirkungen auf die Sollbeschaffenheit, sprich den vertragsgemäßen Zustand der Mieträume (BGH 12.10.21, VIII ZR 51/20, Abruf-Nr. 226917).

     

    Bleibt der privatrechtliche Mietvertrag nach dem bisher Gesagten von öffentlich rechtlichen Verpflichtungen unberührt, kann sich eine Modernisierungspflicht auch nicht als vertragliche Nebenpflicht ergeben (im Ergebnis ebenso: Flatow, a. a. O.; zweifelnd: Börstinghaus, a. a. O.; a. A. Derleder, NZM 12, 487). Dann aber hat eine gesetzlich aufgegebene energetische Verbesserung der Mieträume nicht den Charakter einer Modernisierung, was in § 555b Nr. 6 BGB ausdrücklich bescheinigt wird. Immer noch ist die Modernisierung im Verhältnis zum Mieter zu verstehen als freiwillige Entscheidung des Vermieters, solche Baumaßnahmen durchzuführen oder nicht. Die Annahme eines „Modernisierungsanspruchs“ ist damit als fernliegend zu verwerfen. Den Vermieter trifft gegenüber seinem Mieter keine Pflicht zur Modernisierung (so schon BGH 31.10.07, VIII ZR 261/06). Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, wonach eine bestimmte energetische Qualität zu gewährleisten ist (BGH NJW 09, 2441).

    2. Hydraulischer Abgleich

    Dieselbe Ableitung greift auch für den hydraulischen Abgleich. Kurz gesagt, lässt er sich als technisch und physikalisch optimiertes Strömungsverhalten des Warmwasserkreislaufs innerhalb des Heizungssystems zur bestmöglichen Verwertung eingesetzter Heizenergie mit dem Ergebnis einer optimalen Heizeffizienz (größtmögliche Entwicklung von Heizwärme bei möglichst geringem Energieeinsatz) beschreiben. Seit dem 23.9.23 besteht für Eigentümer und Vermieter die Pflicht, einen hydraulischen Abgleich in Mehrfamilienhäusern ab sechs Wohneinheiten durchzuführen (§ 3 EnSimiMaV). Ab dem 1.10.24 gilt für die fortbestehende Pflicht § 60c GEG. Trotz dieser öffentlich-rechtlichen Pflicht handelt es sich um eine Modernisierung (zweifelnd allerdings: AG Charlottenburg 20.8.20, 218 C 135/20), nicht um eine Instandsetzung. Denn dadurch kommt es zu einer Energieeinsparung (§ 555b Nr. 1 BGB).

     

    Auch Börstinghaus betont, der hydraulische Abgleich sei eine Maßnahme zur Steigerung der Energieeffizienz ‒ durch ein Maßnahmenbündel zur Anpassung der Strömungswiderstände ‒ und führe zur End- bzw. Primärenergieeinsparung. Wegen tatsächlicher Veränderungen an der Heizungsanlage, den Regulierungsventilen, den voreinstellbaren Thermostatventilen und weiteren Teilen handele es sich um eine bauliche Maßnahme, deren Kosten im Rahmen einer Modernisierungs-Mieterhöhung umlagefähig seien (Börstinghaus, a. a. O.; ebenso: Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 16. Aufl., § 555b Rn. 21; Hinz, NZM 22, 681; OLG Karlsruhe BeckRS 18, 46657 Rn. 11).

     

    Eine andere Frage ist es, ob Mieter bei unterlassenem hydraulischen Abgleich im Rahmen der Betriebskostenabrechnung Einwendungen unter Berufung auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit angesetzter Betriebskosten führen können (§§ 556 Abs. 3 S. 1, 560 Abs. 5 BGB). Dies setzt einen entsprechenden Vortrag mit Beweisangeboten des insoweit beweisbelasteten Mieters voraus (BGH 25.1.23, VIII ZR 230/21; NJW 11, 3028; NJW 08, 440). Er müsste also das Maß der Einsparung durch einen durchgeführten hydraulischen Abgleich im Vergleich zum vorherigen Heizungszustand kennen und mit Beweisantritt vortragen. Ob ihm dies gelingt, dürfte häufig zweifelhaft sein. Denn dann müsste er ja das „energetische Ergebnis“ eines durchgeführten Abgleichs schon vorweg kennen. Alles andere muss im Bereich einer unbeachtlich bleibenden „Behauptung ins Blaue hinein“ bzw. eines Ausforschungsbeweises bleiben.

    3. Instandsetzungsansprüche/Wirtschaftlichkeitsgebot

    Nach der Einordnung als Modernisierung scheidet die Annahme eines Instandsetzungsanspruchs des Mieters aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB von vornherein aus. Dieser Anspruch richtet sich auf die Erhaltung und Wiederherstellung des vertragsgemäß geschuldeten Zustands der Mieträume in baulicher und technischer Hinsicht auch unter Berücksichtigung des Gebäudealters (LG Karlsruhe DWW 05, 426). Ein technisches und energetisches Optimum über den bislang geschuldeten vertragsgemäßen Zustand hinaus ist damit nicht zu erreichen.

    4. Müssen Vermieter Baumaßnahmen des Mieters dulden?

    Der Mieter hat auch keinen Anspruch darauf, dass es der Vermieter duldet, dass er selbst auf eigene Kosten Modernisierungsmaßnahmen durchführt und die Heizung tauscht (so schon zum alten Recht vor der Geltung von § 554 BGB: BGH 14.9.11, VIII ZR 10/11; 25.3.64, VIII ZR 211/62; 8.5.63, VIII ZR 252/61).

     

    Weigert sich der Vermieter, liegt kein Rechtsmissbrauch vor. Denn § 554 BGB beschreibt abschließend die Ansprüche des Mieters, eine Erlaubnis baulicher Veränderungen auf seine Kosten bis zur Grenze der Unzumutbarkeit zu erhalten.

     

    Der gesetzlich angeordnete Heizungsumbau nach dem GEG ist nicht Gegenstand von § 554 BGB: Der Gesetzgeber musste im Rahmen der Anpassung der BGB-Mietrechtsvorschriften in Art. 2 des novellierten GEG auch § 554 BGB anpassen. Davon hat er keinen Gebrauch gemacht, was als beredtes Schweigen zu verstehen ist. Am Dogma, dass öffentlich-rechtlich begründete Pflichten nur öffentlich-rechtlich wirken sollen und nicht als Pflicht auf ein privatrechtliches Mietverhältnis ausstrahlen, hält er fest. Eine andere Bewertung ist auch unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes, der nur im Betriebskostenrecht gilt, nicht angezeigt (ausdrücklich: BGH MDR 08, 70; a. A.: Artz, WuM 08, 259, 262; MüKo/Häublein, BGB, § 536 Rn. 8).

    5. Fazit

    Entspricht eine veraltete Heizungsanlage dem vertraglich vereinbarten Standard und funktioniert sie fehlerfrei, hat der Mieter keinen Anspruch auf Modernisierung der Anlage, auch wenn er im Vergleich zu moderneren Anlagen erhöhte Heizkosten tragen muss (BGH DWW 08, 17). Die grundsätzliche Aussage des BGH, es bleibe ohne Belang, ob die Heizung unwirtschaftlich oder wirtschaftlich arbeite (BGH NJW 14, 685; instruktiv dazu Siegmund, WuM 23, 452) oder im Vergleich zu anderen Heizsystemen klimaschädlich sei, gilt deshalb weiterhin (Siegmund, a. a. O.). Mieter können solche Sanierungen deshalb nicht einfordern. Weder auf der Grundlage des Mietvertrags noch des Gesetzes gibt es dafür eine Handhabe. Denn öffentlich-rechtliche Sanierungsgebote haben keine Auswirkungen auf rein privatrechtlich einzuordnende Mietverhältnisse. Entscheidend bleibt der im Mietvertrag vereinbarte Zustand von Wohnung und Gebäude.

     

    Beachten Sie | Mieter haben keine Gewährleistungsansprüche oder -rechte und auch keine Schadenersatzansprüche wegen unnötig hoher Heizkosten, selbst wenn der Vermieter eine öffentlich-rechtlich gebotene Dämmung unterlässt (Flatow, NJW 08, 2886; LG Berlin 4.2.11, 63 S 181/10; OLG Düsseldorf 8.7.10, I-24 U 222/09). Umgekehrt müssen sie bauliche Maßnahmen dulden, die der Vermieter aufgrund einer behördlichen Anordnung oder rechtlichen Pflicht durchführen muss (§ 555b Nr. 6 BGB, dazu schon BGH 4.3.09, VIII ZR 110/08).

    Quelle: Ausgabe 06 / 2024 | Seite 114 | ID 50018989