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Keine Abmahnung gegenüber gewalttätigem Mieter mit untherapierter Alkoholabhängigkeit erforderlich
| Die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit einem gewalttätigen ‒ und hinsichtlich seiner angeblichen Alkoholsucht untherapierten ‒ Mieter ist dem Vermieter nicht zuzumuten. Daher ist eine fristlose Kündigung auch gerechtfertigt, wenn der Mieter vor Ausspruch der Kündigung nicht abgemahnt und das Mietverhältnis bereits seit Jahren (hier: seit 2006) nicht beanstandet wurde (LG Berlin II 30.7.24, 67 S 190/24, Abruf-Nr. 244505 ). |
Der Vermieter kündigte ‒ ohne vorherige Abmahnung fristlos ‒ einem gegenüber anderen Hausbewohnern gewalttätig gewordenen Mieter. Dieser behauptete, alkoholsüchtig zu sein und zur Tatzeit nicht schuldhaft gehandelt zu haben. Das AG verurteilte den Mieter zur Räumung und Herausgabe der Wohnung. Hiergegen wollte sich der Mieter verteidigen und beantragte für die Berufungsinstanz PKH. Die Rechtsverfolgung habe keine Aussicht auf Erfolg, so das LG. Der Mieter sei gemäß §§ 985, 546 Abs. 1 BGB zur Räumung und Herausgabe verpflichtet, da das Mietverhältnis durch die fristlose Kündigung beendet worden sei. Diese sei gemäß § 543 Abs. 1 BGB wirksam, selbst, wenn der Mieter nicht schuldhaft gehandelt haben sollte.
Zwar sei das Verschulden des Mieters in der Regel ein wesentlicher Abwägungsfaktor für die Zumutbarkeit der Vertragsfortsetzung. Hier seien die Folgen der ihm zur Last gelegten Pflichtverletzung jedoch derart schwerwiegend, dass dem Vermieter, dem auch Schutzpflichten gegenüber den weiteren Hausbewohnern obliegen, eine Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem gewalttätigen ‒ und hinsichtlich seiner angeblichen Alkoholsucht untherapierten ‒ Mieter unter keinen Umständen mehr zuzumuten gewesen sei. Das rechtfertige die fristlose Kündigung, auch wenn der Mieter vor Ausspruch der Kündigung nicht abgemahnt worden sei und das Mietverhältnis tatsächlich seit dem Jahr 2006 unbeanstandet geblieben sein sollte.
Die Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 BGB bedarf oft keiner vorherigen Abmahnung. Zwar ist diese nach § 543 Abs. 3 S. 1 BGB eigentlich Voraussetzung, falls wegen der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag außerordentlich gekündigt werden soll. Die Abmahnung ist aber entbehrlich, wenn die Pflichtverletzung, wegen der gekündigt wird, so schwerwiegend ist, dass die Vertrauensgrundlage auch durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden könnte (Zerrüttungskündigung, BGH 15.9.10, XII ZR 188/08, Abruf-Nr. 103378).