· Fachbeitrag · Mieterhöhung
BGH erleichtert Mieterhöhung durch nicht eingetragenen Grundstückserwerber
von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
Der Käufer einer vermieteten Wohnung kann vom Verkäufer ermächtigt werden, schon vor der Eigentumsumschreibung im Grundbuch und des damit verbundenen Eintritts des Käufers in die Vermieterstellung (§ 566 Abs. 1 BGB) im eigenen Namen ein Mieterhöhungsbegehren gemäß § 558a BGB zu stellen. Die Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens hängt nicht davon ab, dass die Ermächtigung offengelegt wurde (BGH 19.3.14, VIII ZR 203/13 Abruf-Nr. 141155). |
Sachverhalt
Der notarielle Grundstückskaufvertrag bestimmt:
- Die Beklagte tritt mit wirtschaftlicher Wirkung zum 1.1.06 (Eintrittsstichtag) mit allen Rechten und Pflichten in die Mietverträge ein und die Veräußerin muss Miet- und Betriebskostenvorauszahlungen, die für die Zeit ab dem Eintrittsstichtag erbracht worden sind, an die Beklagte auskehren.
- Die Beklagte ist bevollmächtigt, ab sofort bis zum Eigentumsvollzug im Grundbuch den Mietern gegenüber sämtliche mietrechtlichen Erklärungen abzugeben und gegebenenfalls im eigenen Namen entsprechende Prozesse zu führen.
Die Eigentumsumschreibung erfolgte am 4.5.10. Die Beklagte zog die Nachforderungen aus den von ihr erteilten Betriebskostenabrechnungen 07 und 08 sowie die Mieten ab 3/07 ein. Ihren Mieterhöhungsbegehren vom 20.12.06, 18.3.08 und 24.7.09 stimmte die Klägerin jeweils zu. Unter dem 24.7.12 trat die Veräußerin sämtliche Forderungen aus dem Mietverhältnis mit der Klägerin „vorsorglich“ nochmals an die Beklagte ab. Die Klägerin verlangt für den Zeitraum 3/07 bis 5/10 ihre auf Miete und Betriebskosten geleisteten Zahlungen (28.948,19 EUR) zurück. Diese seien ohne Rechtsgrund erbracht, weil die Beklagte ihre Vermieterstellung in diesem Zeitraum nur „vorgespiegelt“ habe. Die Rückzahlungsklage ist in allen Instanzen erfolglos.
Entscheidungsgründe
Die Klage konnte nur Erfolg haben, wenn der Klägerin ein Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 BGB gegen die Erwerberin zustand. Das setzt voraus, dass ihre Zahlungen ohne Rechtsgrund erbracht wurden. Der BGH differenziert zwischen laufenden Mietzahlungen, Ausgleich von Betriebskostensalden und Mietzahlungen aufgrund der Erhöhungserklärungen der Erwerberin und verneint in allen drei Fällen einen Bereicherungsanspruch der Klägerin.
- Laufende Miete: Der BGH lässt offen, ob sich die Berechtigung der Beklagten zum Einzug der Forderungen bereits aus dem notariellen Vertrag ergibt. Grund: Jedenfalls hätte die Veräußerin die durch die Beklagte als Nichtberechtigte (§ 185 Abs. 2 S. 1 1. Alt. BGB) vorgenommene Forderungseinziehung mit der am 24.7.12 vorsorglich nochmals erklärten Abtretung genehmigt. Folge: Die Genehmigung wirkt gemäß § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt des jeweiligen Mieteinzugs zurück. Ein Bereicherungsanspruch der Klägerin scheidet aus.
- Betriebskostennachzahlungen: Die für die Jahre 07 und 08 erteilten Betriebskostenabrechnungen sind nicht deshalb unwirksam, weil sie von der Beklagten zu einem Zeitpunkt erteilt wurden, als sie mangels Eintragung im Grundbuch noch nicht gemäß § 566 Abs. 1 BGB in die Stellung der Vermieterin eingerückt war. Der Vermieter braucht die Abrechnung von Betriebskosten - selbstverständlich - nicht persönlich vorzunehmen, sondern kann sich dafür Hilfspersonen oder Dritter bedienen. In einem solchen Fall ist regelmäßig schon aus den Umständen - nämlich dem Bezug zur Wohnung des Mieters - ersichtlich, dass mit der von einem Dritten erstellten Abrechnung die Abrechnungspflichten des Vermieters erfüllt werden sollen. Dass es der Beklagten aufgrund des Veräußerungsvertrags oblag, ab dem Eintrittsstichtag die fälligen Betriebskostenabrechnungen zu erstellen, ist unstreitig. Das heißt: Die Klägerin leistete auf berechtigte Forderungen der Beklagten und deshalb mit Rechtsgrund.
- Mieterhöhung: Auch hinsichtlich der von ihr in den Jahren 06, 08 und 09 auf die vereinbarten Mieterhöhungen geleisteten Beträge scheidet ein Rückforderungsanspruch aus. Die Beklagte war berechtigt, im eigenen Namen Zustimmung zu der jeweils verlangten Mieterhöhung zu begehren. Grund: Der Rechtsinhaber kann einen Dritten - wie hier durch Notarvertrag - zur Geltendmachung eines unselbstständigen Gestaltungsrechts im eigenen Namen ermächtigen. § 566 BGB steht einer solchen rechtsgeschäftlich erteilten Ermächtigung nicht entgegen. Grund: § 566 BGB ordnet für den Fall der Veräußerung vermieteten Eigentums an, dass der Erwerber für die Dauer seines Eigentums in die Vermieterstellung einrückt. Dies schließt es nicht aus, dass der bisherige Vermieter schon zu einem früheren Zeitpunkt Ansprüche aus dem Mietverhältnis abtritt oder einem Erwerber eine Ermächtigung zur Geltendmachung im eigenen Namen erteilt.
- Gesichtspunkte des Mieterschutzes erfordern keine abweichende Beurteilung. Allerdings wird in der Instanzrechtsprechung und in der Literatur teilweise die Auffassung vertreten, ein einseitiges Rechtsgeschäft, das von einer vom Vermieter dazu ermächtigten Person vorgenommen wird, sei nur wirksam, wenn die Ermächtigung offengelegt werde (Nachweise Urteilsgründe Rn. 18). Als Grund wird angeführt, die Offenlegung der Ermächtigung gebe dem Mieter bei einem einseitigen Rechtsgeschäft die Möglichkeit, das Rechtsgeschäft entsprechend § 182 Abs. 3, § 111 BGB zurückzuweisen, falls die Ermächtigung nicht in schriftlicher Form beigelegt war.
- Dem folgt der BGH nicht. Grund: Anders als die Stellvertretung gestattet die Ermächtigung dem Berechtigten das Handeln im eigenen Namen, sodass es eines Hinweises auf den eigentlichen Rechtsinhaber gerade nicht bedarf.
Praxishinweis
Wird der Grundstückskäufer - wie hier - bereits im Kaufvertrag ermächtigt, gegenüber dem Mieter schon vor Grundbuchumschreibung sämtliche mietrechtliche Erklärungen abzugeben und im eigenen Namen auch gerichtlich geltend zu machen, ist er berechtigt, das Miet- oder Pachtverhältnis im eigenen Namen zu kündigen (BGH NJW 98, 896; NJW 02, 3389; NJW 07, 1268). Entsprechendes gilt für die Modernisierungsankündigung nach § 555c BGB (BGH MK 08, 97, Abruf-Nr. 080880). Der BGH überträgt diese Rechtsprechung erstmals auf das Erhöhungsverlangen nach § 558 BGB und lehnt es zu Recht ab, die Wirksamkeit der Erhöhungserklärung - entgegen den Gegenstimmen - davon abhängig zu machen, dass der Käufer die Ermächtigung bei Abgabe der Erklärung offen legt. Hat der Mieter, der aus dem Mietvertrag von einer anderen Person als seinem ursprünglichen Vermieter in Anspruch genommen wird, Zweifel daran, ob eine entsprechende Vollmacht oder Ermächtigung vorliegt oder ein Fall des § 566 BGB vorliegt, sollte er sich zunächst dessen Berechtigung nachweisen lassen. Dies hatte die Klägerin hier unterlassen.
Der BGH hat - da nicht entscheidungserheblich - offen gelassen, ob der Mieter ein Mieterhöhungsverlangen des noch nicht eingetragenen Erwerbers mangels Vorlage einer Vollmacht des bisherigen Vermieters analog § 180 Abs. 1, § 174 BGB zurückweisen kann. Grund: Eine Zurückweisung muss - anders als hier - unverzüglich erfolgen. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens und nicht die spätere Kenntnis des Mieters von der (noch) fehlenden Eigentümerstellung des Erklärenden.