28.03.2024 · IWW-Abrufnummer 240533
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 13.03.2024 – 26 Ta 223/24
Tenor: 1. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 20. Februar 2024 - 3 Ca 877/23 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers an das Arbeitsgericht zurückverwiesen. 2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine gegen eine Abmahnung gerichtete Klage. Er stützt die Klage auf Art. 17 DSGVO .
2
Das Arbeitsgericht hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehe ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung nicht mehr.
II.
3
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Arbeitsgericht hätte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mit dem Argument ablehnen dürfen, es fehle angesichts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits am Rechtsschutzbedürfnis.
4
1) Prozesskostenhilfe setzt hinreichende Erfolgsaussichten und fehlende Mutwilligkeit voraus.
5
a) Nach § 11a Abs. 1 ArbGG iVm. § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Während die hinreichende Aussicht auf Erfolg die materielle Begründetheit des Anspruchs betrifft, wird von der Frage der Mutwilligkeit in erster Linie die verfahrensmäßige Geltendmachung des Anspruchs erfasst (vgl. BAG 8. September 2011 - 3 AZB 46/10 - NZA 2011, 1382 = NJW 2011, 3260 = EzA § 114 ZPO 2002 Nr. 2, Rn. 15). Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn der von dem Antragsteller eingenommene Standpunkt zumindest vertretbar erscheint und eine Beweisführung möglich ist. Es kommt auf die rechtliche und tatsächliche Würdigung des zur Entscheidung berufenen Gerichts an. Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde, § 114 Satz 2 ZPO .
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b) Dabei dürfen wegen des verfassungsrechtlichen Gebots der Rechtsschutzgleichheit - das Gebot der weitgehenden Angleichung der Situation Bemittelter und Unbemittelter bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfG 14. Dezember 2006 - 1 BvR 2236/06 ) - die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern nur zugänglich machen. Dem genügt das Gesetz, indem § 114 ZPO die Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits dann vorsieht, wenn nur hinreichende Erfolgsaussicht besteht, ohne dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss (vgl. BVerfG 24. Juli 2002 - 2 BvR 2256/99 , zu B I 1 der Gründe).
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c) Für die gemäß § 114 Satz 1 ZPO vorzunehmende Erfolgsprognose ist der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung Entscheidungsgrundlage, wenn alsbald nach Entscheidungsreife entschieden wird. Zur Entscheidung reif ist das Prozesskostenhilfebegehren, wenn die Partei es schlüssig begründet, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt und wenn der Gegner Gelegenheit gehabt hat, sich innerhalb angemessener Frist zum Prozesskostenhilfegesuch zu äußern (vgl. BGH 18. November 2009 - XII ZB 152/09 , Rn. 10).
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2) Bei Zugrundelegung dieser eingeschränkten Anforderungen fehlt es für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht deshalb an den notwendigen Erfolgsaussichten, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet ist.
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Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen unter der Geltung des Art. 17 DSGVO ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus der papierenen Personalakte besteht, ist umstritten (vgl. zum Streitstand eingehend: Kleinebrink,ArbRB 2024, 50). Vor diesem Hintergrund kann einer Partei, die den Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte beansprucht, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedenfalls nicht wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgelehnt werden. Das gölte erst recht, wenn die Abmahnung bei der Beklagten in digitalisierter Form existiert haben sollte.
III.
10
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Eine Gebühr ist nicht angefallen.
IV.
11
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.