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  • · Fachbeitrag · Gewerbliche Einkünfte

    Gewerbesteuerliche Fallen für Freiberufler durch Abfärbung

    von StB Alfred P. Röhrig, Bad Honnef, www.steuerberaterkanzlei-roehrig.de

    | Für viele Freiberufler ist die Gewerbesteuer kein Thema. Doch die, die Gewerbesteuer zahlen, sind nicht selten durch Unachtsamkeit in die Gewerbesteuerpflicht geraten. Dieser Beitrag befasst sich mit typischen Gewerbesteuerfallen bei Freiberuflern (darunter u. a. die Untervermietung von Praxisräumen und die Anstellung qualifizierten Personals) und wie man sie vermeidet. |

    1. Untervermietung von Praxisräumen

    Ist die Untervermietung von Praxisräumen durch eine freiberufliche Gemeinschaftspraxis gewerblich?

     

    • Sachverhalt

    Eine Gemeinschaftspraxis bestehend aus drei Ärzten mietet selbst ein Gebäude. Sie vermietet verschiedene Räume an andere Fachärzte weiter. Die Ärzte der Gemeinschaftspraxis befürchten, dass die Untervermietung für die freiberufliche Tätigkeit i. S. von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG schädlich ist.

     

    Die Anwendung von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG setzt voraus, dass eine Personengesellschaft zumindest teilweise gewerblich tätig ist. Die Vermietung von Räumen stellt jedoch grundsätzlich keine gewerbliche Tätigkeit dar. Eine Untervermietung kann erst abfärben, wenn die Untervermietung durch Zusatzleistungen des Hauptmieters einen gewerblichen Charakter erhält. Soweit keine Zusatzleistungen durch die Gemeinschaftspraxis erbracht werden, versteuert die Gemeinschaftspraxis die Einnahmen aus der Untervermietung als freiberufliche Betriebseinnahmen.

     

    PRAXISTIPP | Umsatzsteuerlich liegen übrigens zwei Umsätze vor: Der Eigentümer vermietet an die Gemeinschaftspraxis, die Gemeinschaftspraxis vermietet an die Fachärzte. Beide Vermietungen können umsatzsteuerpflichtig erfolgen. Hierdurch wird der Vorsteuerabzug auf beiden Ebenen gewährleistet.

     

    2. Doppelstöckige Freiberufler-Personengesellschaft

    Fraglich ist, wie die Beteiligten handeln müssen, damit bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft auf allen Ebenen freiberufliche Einkünfte erzielt werden.

     

    Die Klägerin war eine KG, an der über eine Holding-KG zwei Obergesellschaften beteiligt waren, deren Gesellschafter jeweils ausschließlich Berufsträger (Steuerberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer) waren. Die Holding-KG war nicht nur an der Klägerin, sondern auch an weiteren Untergesellschaften aus anderen Regionen beteiligt. An der Klägerin und den weiteren Untergesellschaften war jeweils ein Obergesellschafter als Komplementär beteiligt, der (nur) dort als Geschäftsführer leitend und eigenverantwortlich tätig wurde. Sämtliche Obergesellschafter waren im Konzern aktiv in der Mandatsbearbeitung tätig. Daneben bestanden überregionale Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Branchenschwerpunkten. Die Obergesellschafter trafen zudem Entscheidungen über wesentliche Maßnahmen in den Untergesellschaften.

     

    Das FA behandelte die von der Klägerin erzielten Einkünfte bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mit ihrer Klage gegen den Feststellungsbescheid begehrte die Klägerin die Feststellung von Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit.

     

    Das FG folgt im Ergebnis einer Entscheidung des BFH (28.10.08, VIII R 69/06, BStBl 09 II, 642, Rz. II 3. d). Demnach ist es erforderlich, dass

    • kein Berufsfremder beteiligt ist,
    • keine der Personengesellschaft gewerblich infiziert ist und
    • die Tätigkeiten aller Gesellschaften durch berufsangehörige Mitunternehmer leitend und eigenverantwortlich ausgeführt werden.

     

    Das bedeutet nach Auffassung des FG, dass sämtliche Mitunternehmer der Ober-Personengesellschaft zumindest in geringem Umfang für die Untergesellschaft leitend und eigenverantwortlich freiberufliche Leistungen erbringen müssen.

     

    An dieser Stelle setzt m. E. zu Recht die Kritik von Korn (kösdi 8/17, 20390) an. Sein Ansatz geht von der Überlegung aus, dass auch bei einer „normalen“ Freiberufler-Personengesellschaft nicht jeder Mitunternehmer sämtliche Tätigkeiten erbringen (können) muss. Es ist ausreichend, wenn jeder Mitunternehmer (nur) einen Teilsektor leitend und eigenverantwortlich betreibt. Wenn folglich die Beteiligten einer Freiberufler-GbR die Tätigkeiten unter sich aufteilen können, ist es schwer einzusehen, aus welchem Grunde genau diese Aufteilung bei einer doppelstöckigen Struktur nicht möglich sein soll. Aus diesem Grunde muss nicht jeder Mitunternehmer der Ober-Personengesellschaft bei der Unter-Personengesellschaft leitend und eigenverantwortlich tätig sein.

     

    PRAXISTIPP | Im Hinblick auf die o. a. Entscheidung des BFH aus 2008 und die nun beim III. Senat des BFH anhängige Revision ist jedoch Vorsicht bei der beratenden Tätigkeit geboten. Es sollten daher organisatorische Maßnahmen ergriffen werden, durch die die durch das FG geforderten Handlungen gewährleistet werden können.

     

    3. Abweichende Qualifikationen von angestellten Mitarbeitern bei freiberuflichen Mitunternehmerschaften

    Fraglich war im konkreten Urteilsfall, welche Einkünfte (§§ 15, 18 EStG) eine GbR erzielt, die anbietet technische Texte in verschiedene Sprachen zu übersetzen. Das Problem lag darin, dass die GbR auch Übersetzungen in Sprachen angeboten hat, die die Gesellschafter der GbR nicht beherrschten. Diese Übersetzungen wurden von Fremdübersetzern durchgeführt.

     

    Im Streitfall fertigte die Klägerin ‒ eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die auf technische Übersetzungen spezialisiert ist ‒ technische Handbücher, Bedienungsanleitungen und ähnliche Dokumentationen für ihre Kunden. Die auftragsgemäß geschuldeten Übersetzungen erfolgten regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang auch in solchen Sprachen, die die Gesellschafter der Klägerin nicht beherrschten. Hierfür schaltete die Klägerin Fremdübersetzer ein und nutzte - weil sie Textteile wiederverwenden konnte - ein sog. Translation Memory System, d.h. ein System zur rechnergestützten Übersetzung und Speicherung von Texten.

     

    Während die Klägerin ihre Tätigkeit als freiberuflich i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ansah, war das FA der Meinung, sie sei gewerblich tätig und erließ für die Streitjahre 2003 bis 2007 Gewerbesteuermessbescheide. Das nachfolgende Klageverfahren blieb ohne Erfolg.

     

    Durch diesen Umstand erbrachte die GbR Leistungen gegenüber Dritten, bei denen die Gesellschafter der GbR nicht leitend und eigenverantwortlich tätig sein konnten. Diese Handlungsweise führt dazu, dass die Gesellschaft teilweise gewerblich tätig ist. Im zweiten Schritt greift die Infektion des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG mit dem Ergebnis einer komplett gewerblichen Tätigkeit.

     

    PRAXISTIPP | Die vorstehende Problematik findet sich in der Praxis in zahlreichen Ausgestaltungen. Bei der praktischen steuerlichen Beratung ist daher erhebliche Sorgfalt erforderlich. Anhaltspunkte für derartige Probleme ergeben sich regelmäßig bereits aus der lfd. Buchhaltung. Mandanten müssen in diesen Fällen unmittelbar auf die bestehenden Gefahren hingewiesen werden.

     

    4. Freiberufliche Tätigkeit selbstständiger Ärzte trotz der Beschäftigung angestellter Ärzte

    Im Mittelpunkt dieser Entscheidung (BFH 16.7.14, VIII R 41/12) steht eine mobile Anästhesisten-GbR. Es besteht eine Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer GbR. Die Gesellschafter führen sämtliche Aufklärungsgespräche und Voruntersuchungen selber durch. Daneben legen sie die Behandlungsmethode fest und händigen den Patienten die Anästhesieunterlagen mit dem Logo der Praxis aus. Eine angestellte Anästhesistin führt nach der entsprechenden „Vorarbeit“ der Gesellschafter einfach gelagerte Anästhesien vor Ort durch. Es stellt sich die Frage, ob die Tätigkeit der GbR in diesem Fall noch leitend und eigenverantwortlich i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG ist.

     

    Die Gesellschafter betreiben eine Gemeinschaftspraxis für Anästhesie in der Rechtsform einer GbR. Ihre Berufstätigkeit üben sie als mobiler Anästhesiebetrieb in der Praxis von Ärzten aus, die Operationen unter Narkose durchführen wollen. Jeweils einer der Gesellschafter führt eine Voruntersuchung durch und schlägt eine Behandlungsmethode vor. Die eigentliche Anästhesie führt sodann ein anderer Arzt aus. In den Streitjahren beschäftigte die GbR eine angestellte Ärztin, die solche Anästhesien nach den Voruntersuchungen der Gesellschafter in einfach gelagerten Fällen vornahm. Problematische Fälle blieben nach den tatsächlichen Feststellungen des FG den Gesellschaftern der GbR vorbehalten.

     

    Das FA sah die Tätigkeit der GbR wegen Beschäftigung der angestellten Ärztin nicht als freiberufliche Tätigkeit der Gesellschafter an und ging deshalb von einer gewerblichen Tätigkeit aus

     

    Wie der BFH in ständiger Rechtsprechung, insbesondere zu Heilberufen oder heilberufsnahen Berufstätigkeiten, entschieden hat, ist die Mithilfe qualifizierten Personals für die Freiberuflichkeit des Berufsträgers unschädlich, wenn er bei der Erledigung der einzelnen Aufträge aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Dabei ist für einen Arzt ebenso wie für Krankenpfleger zu berücksichtigen, dass sie eine höchstpersönliche, individuelle Arbeitsleistung am Patienten schulden und deshalb einen wesentlichen Teil der Dienstleistungen selbst übernehmen müssen. Dafür reicht es aber aus, dass sie aufgrund ihrer Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende Kontrolle maßgeblich auf die Tätigkeit ihres angestellten Fachpersonals ‒ patientenbezogen ‒ Einfluss nehmen, sodass die Leistung den „Stempel der Persönlichkeit“ des Steuerpflichtigen trägt (BFH 22.1.04, IV R 51/01).

     

    Die notwendige ‒ patientenbezogene ‒ leitende Eigenverantwortlichkeit der Gesellschafter der Klägerin war hier wegen der ausschließlich von ihnen geführten Voruntersuchungen bei den Patienten, der Festlegung der Behandlungsmethode sowie des Vorbehalts der Selbstbehandlung „problematischer Fälle“ gegeben.

     

    Soweit das FA im Ergebnis die unmittelbare Ausführung der Anästhesietätigkeit durch die Gesellschafter als unverzichtbare Voraussetzung für die Annahme einer eigenverantwortlichen und leitenden ärztlichen Tätigkeit ansieht, überdehnt es die Anforderungen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG. Durch diese Rechtsauffassung würde der Einsatz von fachlich vorgebildeten Mitarbeitern im Bereich der Heilberufe im Ergebnis ausgeschlossen, obwohl der Gesetzgeber keinen Bereich der freien Berufe i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift von dieser Möglichkeit des Einsatzes fachlich vorgebildeter Mitarbeiter hat ausschließen wollen.

     

    PRAXISTIPP | Die Entscheidung des BFH ist kein „Freibrief“ für die Beurteilung von ärztlichen Gemeinschaftspraxen. Wie der BFH in seiner Pressemitteilung Nr. 3/2015 sehr deutlich gemacht hat, findet die getroffene Entscheidung nur unter den Bedingungen der Entscheidung Anwendung. Voraussetzung ist ausweislich der Pressemitteilung vom 7.1.15, dass die Ärzte die jeweils anstehenden Voruntersuchungen bei den Patienten durchführen, für den Einzelfall die Behandlungsmethode festlegen und sich die Behandlung „problematischer Fälle“ vorbehalten.

     

    5. Gewerbliche Einkünfte färben ab

    In diesem Verfahren (Verkauf von Merchandising-Artikeln durch eine im Übrigen künstlerisch und freiberuflich tätigen Gesangsgruppe) hat der BFH die Umqualifizierung der künstlerischen Tätigkeit einer GbR in gewerbliche Einkünfte verneint, weil die gewerblichen Umsätze weniger als 3 % der Gesamtnettoumsätze betrugen und unterhalb von 24.500 EUR lagen.

     

    Eine Gesangsgruppe (GbR) tritt bei Karnevalsveranstaltungen auf. Die GbR ermittelt ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Sie erklärt Umsätze als Gesangsgruppe von 220.000 EUR mit 7 % USt. Daneben erklärt sie noch Umsätze aus Fanartikeln von 5.000 EUR mit 19 % USt. Die Tätigkeit als Gesangsgruppe ist künstlerisch und führt daher zu Einkünften aus § 18 EStG. Die Veräußerung von Fanartikeln führt dagegen zu gewerblichen Einkünften.

     

    Soweit eine Personengesellschaft teilweise gewerbliche Einkünfte erzielt, ist sie insgesamt gewerblich tätig. Das führt dazu, dass die GbR zur Bilanzierung übergehen muss und der Gewerbesteuer unterliegt. Der VIII. Senat des BFH hat neue Grenzen für unschädliche gewerbliche Einkünfte aufgestellt. Die gewerblichen Einkünfte schaden demnach nicht, wenn der gewerbliche Nettoumsatz folgende Grenzen nicht übersteigt:

    • 3 % des Gesamtumsatzes (netto) und
    • 24.500 EUR ‒ Freibetrag für den Gewerbeertrag.

     

    Wer eine der beiden Grenzen überschreitet, ist in vollem Umfang gewerblich tätig.

     

    Das Ausgliederungsmodell (BMF 14.5.97, IV B 4 - S 2246 - 23/97) vermeidet ein Abfärben der gewerblichen Einkünfte, wenn die Grenzen von 3 % und 24.500 EUR überschritten werden ‒ eine GbR für freiberufliche und eine GbR für gewerbliche Einkünfte. Die beiden GbR müssen organisatorisch mit sämtlichen Konsequenzen (Buchhaltung, Rechnungsformulare etc.) getrennt geführt werden.

     

    Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid für den ESt-Bescheid. Er bindet den ESt-Bescheid, nicht dagegen den GewSt-Messbescheid. Die Gewinnfeststellung mit § 18 EStG Einkünften ist kein Freistellungsbescheid für die Gewerbesteuer. Das FA kann daher einen GewSt-Messbescheid gegen die GbR bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist erlassen, auch wenn der Gewinnfeststellungsbescheid unanfechtbar ist.

     

    § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG findet keine Anwendung bei gesellschaftsähnlichen Mitunternehmerschaften: Erbengemeinschaft, Gütergemeinschaft, Bruchteilseigentum.

     

    PRAXISTIPP | Der VIII. Senat des BFH hat mit seiner Grundsatzentscheidung für eine große Überraschung gesorgt. Sämtlichen Unkenrufen zum Trotz hat er die Ausnahmen zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nunmehr erweitert. Für kleinere Fallgestaltungen sorgt die Entscheidung für Ruhe. Für eine sichere Gestaltung reicht die Entscheidung jedoch weiterhin nicht aus. Bei bedeutsamen Fallgestaltungen hilft daher auch weiterhin nur eine klare Ausgliederung der gewerblichen Tätigkeit auf eine zweite Personengesellschaft.

     

    6. Freiberufler müssen die Tätigkeit ihrer Praxis prägen

    Die Insolvenzverwaltung durch RA/StB/WP ist keine freiberufliche, sondern eine sonstige selbstständige Tätigkeit. Nicht berufstypisch sind für den RA/StB/WP: Testamentsvollstreckung, Insolvenzverwaltung, Treuhandtätigkeiten.

     

    Eine RA-Sozietät ist auf dem Gebiet der Insolvenzverwaltung tätig. Die Sozietät beschäftigt drei angestellte RA und sieben Mitarbeiter. Der angestellte RA wird in mehreren Fällen als Insolvenzverwalter oder Treuhänder bestellt. Der Nettoumsatz hat in den beiden Streitjahren 850.000 EUR/780.000 EUR betragen. Auf die Tätigkeit des angestellten RA als bestellter Insolvenzverwalter/Treuhänder entfiel ein Nettoumsatz von 15.000 EUR/21.000 EUR.

     

    Die Sozietät erklärte Einkünfte aus § 18 EStG und ermittelte den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Der Betriebsprüfer gelangte zur Annahme von gewerblichen Einkünften, die nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln seien.

     

    Der BFH behandelt die freiberuflichen und die sonstigen selbstständigen Tätigkeiten gleich. Demnach ist der Einsatz von angestellten Mitarbeitern bei beiden Fallgestaltungen grundsätzlich unschädlich. Der Gesellschafter-Berufsträger muss die Tätigkeit jedoch prägen und leitend und eigenverantwortlich tätig sein. Der Gesellschafter-Berufsträger muss über das Ob entscheiden. Der Mitarbeiter entscheidet dann über das Wie.

     

    Daran anschließend macht der BFH deutlich, dass durch die Bestellung des angestellten RA zum Insolvenzverwalter und die diesbezüglich von ihm ausgeübte Tätigkeit eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit der Gesellschafter-Berufsträger ausgeschlossen sei. In den Rz. 39 und 40 der Entscheidung führt der BFH dann noch aus, welcher Vortrag ebenso nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen vermag. Denn die Kläger haben nun vorgetragen, dass die Tätigkeit des Y in die gleichen internen Arbeitsabläufe und Kontrollen eingebettet sei wie die Aufträge, die durch die Gesellschafter übernommen würden. An dieser Stelle führt der BFH konkret aus, dass das sich aus einem Arbeitsvertrag ergebende Weisungsrecht der Gesellschafter für sich alleine nicht dazu führt, dass von einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit der Gesellschafter auszugehen sei.

     

    Um sicher zu gehen, dass die vorstehenden Tätigkeiten zu einer gewerblichen Infektion führen, sollte über eine Ausgliederung der „durch Gewerblichkeit bedrohten Tätigkeiten“ nachgedacht werden. Möglicherweise übernimmt nur ein Gesellschafter in seiner Einzelpraxis derartige Aufträge.

     

    Die Tätigkeit von Y ist nach Auffassung des BFH eindeutig gewerblich. Die gewerbliche Tätigkeit ist jedoch geringfügig i. S. des Urteils des BFH (27.8.14, VIII R 16/11). Es wird weder die relative Grenze von 3 % noch die absolute Grenze von 24.500 EUR überschritten.

     

    FAZIT | Wie die Entscheidung des BFH deutlich macht, präzisiert der VIII. Senat seine Rechtsprechung ‒ fußend auf seinem Urteil (BFH 16.7.14, VIII R 41/12) zu angestellten Ärzten ‒ zur Frage der leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit immer tiefer. M. E. sollte daher eine erhebliche Beweisvorsorge getroffen werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass arbeitsvertragliche Regelungen isoliert keine ausreichende Maßnahme darstellen, wie der VIII. Senat jetzt sehr deutlich formuliert hat. Gegebenenfalls sollte die Ausgliederung der gewerblichen Tätigkeit auf eine zweite Personengesellschaft erwogen werden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Außenprüfung bei Heilberufen ‒ Die Abfärbetheorie in der Betriebsprüfung bei Heilberuflern (PFB 18, 61)
    • Einkommensteuer ‒ Gewerbliche Infektion durch Fallpauschalen (Kratzsch, 17, 38)
    • Angestellte Ärzte in niedergelassenen Praxen als gewerbesteuerliches Risiko (Karch/Vloet, PFB 17, 197)
    • Abfärbung ‒ BFH setzt Bagatellgrenze für die Abfärbung von geringfügigen gewerblichen Einkünften fest (Scur, PFB 15, 109)
    Quelle: Ausgabe 09 / 2018 | Seite 246 | ID 45266238