Frage | Antwort |
1.Welche SteuerOWi spielen in der Praxis eine Rolle? | In der Praxis sind vor allem folgende in der AO geregelten SteuerOWi von Bedeutung: - leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO; vgl. Ziffer 3 ff.),
- Steuergefährdung (§ 379 AO; vgl. Ziffer 13 ff.) und
- Gefährdung der Abzugssteuern (§ 380 AO; vgl. Ziffer 23 ff.).
Die AO regelt zudem noch: - die Verbrauchssteuergefährdung (§ 381 AO),
- die Gefährdung der Einfuhr- und Abzugsabgaben (§ 382 AO),
- den unzulässigen Erwerb von Steuererstattungs- und Vergütungsansprüchen (§ 383 AO) und
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2.Wo sind weitere SteuerOWi geregelt? | Neben den SteuerOWi der AO ist auf folgende weitere Steuer-OWi hinzuweisen: - Verletzung umsatzsteuerlicher Melde- und Aufbewahrungspflichten (§ 26a UStG),
- Verletzung der Meldepflicht von Todesfällen (§ 33 ErbStG),
- Verletzung von Pflichten nach dem Geldwäschegesetz (§ 17 GwG).
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3.Welche Tathandlungen erfasst die leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO)? | § 378 AO ist der Paralleltatbestand zur Steuerhinterziehung nach § 370 AO. Tathandlung und Taterfolg entsprechen dieser Vorschrift. § 378 AO wird als Auffangtatbestand zu § 370 AO gesehen, wenn ein vorsätzliches Handeln bei der Steuerhinterziehung nicht festgestellt werden kann (BGH wistra 88, 186 m.w.N.). Die leichtfertige Steuerverkürzung wird daher häufig auch als „fahrlässige Steuerhinterziehung“ bezeichnet. Hinweis: An die Leichfertigkeit werden allerdings höhere Anforderungen als an das fahrlässige Verhalten gestellt. |
4.Kann jeder „Täter“ einer Steuerverkürzung sein? | Nein, der Täterkreis ist gegenüber § 370 AO eingeschränkt. Als Täter kommt nämlich nur derjenige in Betracht, der die Verkürzung als Steuerpflichtiger oder bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben bewirkt (§ 378 Abs. 1 S. 1 AO). Hinweis: Wer Steuerpflichtiger ist, bestimmt sich nach § 33 AO. Das sind also nicht diejenigen, die in fremden Steuersachen Auskunft geben, die zur Steuerfestsetzung, Erhebung und Beitreibung verpflichteten Finanzbeamten und auch nicht Bevollmächtigte und Beistände. |
5.Kann auch ein StB Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung sein? | Grundsätzlich kommt auch ein StB als Täter in Betracht, wenn er zur Wahrnehmung der Angelegenheiten des Steuerpflichtigen handelt und durch sein Tun oder pflichtwidriges Unterlassen leichtfertig steuerliche Pflichten verletzt. Hinweis: Beim StB wird darauf abgestellt, wie und ob der Berater nach außen in Erscheinung getreten ist und inwieweit er selbst die Verantwortung für die Erklärungen übernommen hat. Wird der StB lediglich im Innenverhältnis gegenüber seinem Mandanten tätig und macht er keine Angaben gegenüber dem FA, dann ist er nicht Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung (BayObLG wistra 94, 34; auch BFH PStR 03, 100). |
6.Der StB übergibt einem Mandanten unterschriebene und mit dem Kanzleistempel versehene Erklärungsvordrucke – eine OWi? | Das kann den Tatbestand einer leichtfertigen Steuerverkürzung erfüllen, da der Eindruck entsteht, der StB habe die Erklärungen für den Steuerpflichtigen zusammengestellt. Nach der Rechtsprechung des BGH kann aber nicht allein auf die Unterschrift abgestellt werden (BGH wistra 03, 20). |
7.Wann ist von Leichtfertigkeit auszugehen? | Der Begriff der Leichtfertigkeit wird unterschiedlich definiert. Übereinstimmung besteht darin, dass Leichtfertigkeit mehr ist als bloße Fahrlässigkeit (Quedenfeld, Verteidigung in Steuerstrafsachen, 3. Aufl., Rn. 254). Es handelt sich um einen überhöhten Grad von Fahrlässigkeit (Franzen/Gast/Joecks, § 378 Rn. 27 ff.). In der Regel handelt derjenige leichtfertig, der aus besonderem Leichtsinn oder besonderer Gleichgültigkeit heraus fahrlässig handelt (Franzen/Gast/Joecks, § 378 Rn. 31 ff.). Zudem muss sich die Tatbestandsverwirklichung dem Täter aufgedrängt haben (BayObLG wistra 94, 34 ff.). |
8.Wie lässt sich dem Leichtfertigkeitsvorwurf begegnen? | Gegenüber dem Leichtfertigkeitsvorwurf kann eingewandt werden (Quedenfeld, a.a.O.. Rn. 253): - der Steuerpflichtige habe seine Erkundigungspflichten erfüllt, wobei diese weiter gehen, wenn der Steuerpflichtige auf rechtliche Zweifel stößt,
- er habe seinen Berater vollständig und zutreffend unterrichtet (BGH wistra 90, 195);
- das Hilfspersonal sei sorgfältig ausgewählt und überwacht worden.
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9.Handelt der Steuerpflichtige leichtfertig, wenn er Fehler seines StB übernimmt und eine fehlerhafte Steuererklärung unterschreibt? | Das wird in der Praxis häufig angenommen. Denn der Steuerpflichtige sei verpflichtet, die Erklärung seines Beraters noch einmal zu prüfen. Daher ist Leichtfertigkeit z.B. bejaht worden, wenn der Steuerpflichtige seinem steuerlichen Berater ein von ihm blanko unterschriebenes ESt-Erklärungsformular überlässt und ihn die von diesem ausgefüllte Erklärung ungeprüft beim FA einreichen lässt (BayObLG PStR 03, 27, Abruf-Nr. 030013). Er handelt zumindest leichtfertig i.S. des § 378 Abs. 1 AO. |
10.Hat der Grad der Steuerverkürzung Einfluss auf die Annahme von Leichtfertigkeit? | Ja. Denn umso größer die Abweichung des erklärten Steueraufkommens von den wirklich zu erklärenden Einkünften ist, desto eher und mehr muss sich die Abweichung dem Steuerpflichtigen aufdrängen (Quedenfeld, a.a.O., Rn. 253). |
11.Besteht die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige? | Ja. Nach § 378 Abs. 3 AO wird eine Geldbuße nicht festgesetzt, wenn der Täter unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Finanzbehörde berichtigt oder ergänzt oder unterlassene Angaben nachholt, bevor ihm oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist. Hinweis: Dazu gilt grundsätzlich dasselbe wie für die Selbstanzeige im Fall des § 370 AO (vgl. eingehend zur Selbstanzeige nach § 378 Abs. 3 AO Quedenfeld, Rn. 548 ff.). |
12.Welche Geldbußen drohen bei einer leichtfertigen Verkürzung? | Nach § 378 Abs. 2 AO können Geldbußen bis zu 50.000 EUR verhängt werden. |
13.Welche Tathandlungen erfasst die Steuergefährdung (§ 379 AO)? | Die Steuergefährdung nach § 379 AO erfasst die Vorbereitung einer zur Steuerhinterziehung geeigneten Handlung. |
14.Ist die Vorschrift des § 379 AO immer anwendbar? | Nein, bei § 379 AO handelt es sich um einen reinen Gefährdungstatbestand, der nur subsidiär gilt und nicht anwendbar ist, wenn ein Verletzungstatbestand (§ 370 ff. AO bzw. § 378 AO) erfüllt ist (Quedenfeld, a.a.O., Rn. 255; vgl. auch § 379 Abs. 4 AO). |
15.Um welche Handlungen handelt es sich im Einzelnen? | § 379 AO enthält folgende Gefährdungstatbestände: |
| Belege i.S. des § 379 AO sind alle Schriftstücke, die geeignet sind, steuerlich erhebliche Tatsachen zu beweisen. Es kommt nicht darauf an, dass die Belege für Buchungsunterlagen bestimmt sind (Franzen/Gast/Joecks, § 379 Rn. 9 ff.). Dazu gehören z.B. Quittungen, Rechnungen, Lieferscheine usw. |
17.Wann ist ein Beleg unrichtig? | Ein Beleg ist unrichtig, wenn er nicht dem tatsächlichen Sachverhalt entspricht. Die Unrichtigkeit muss sich aber nicht auf den Aussteller beziehen, eine so genannte „schriftliche Lüge“ ist ausreichend (Franzen/Gast/Joecks, a.a.O.). |
| Der unrichtige Beleg muss ausgestellt werden. Es kommt nicht darauf an, dass von dem unrichtigen Beleg auch Gebrauch gemacht wird. Der Beleg ist schon dann „ausgestellt“, wenn er sich im Verfügungsbereich desjenigen befindet, für den er bestimmt ist (Franzen/Gast/Joecks, a.a.O.). |
19.Welche Gefährdungshandlungen erfasst § 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 2? | Der Tatbestand setzt unrichtige oder unterlassene Verbuchungen voraus. Gemeint sind damit Vorgänge, die nach den gesetzlichen Vorschriften der Buchungs- oder Aufzeichnungspflicht unterliegen Franzen/Gast/Joecks, § 379 Rn. 22 ff.). Hinweis: § 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO erfasst also nicht lediglich unvollständige Buchungen. Auch Verstöße gegen Aufbewahrungspflichten werden dem Wortlaut nach nicht erfasst. |
20.Welche subjektiven Begehungsweisen setzt § 379 AO voraus? | Die Gefährdungshandlungen können vorsätzlich oder leichtfertig begangen werden. Bei § 379 Abs. 3 AO genügt neben der Leichtfertigkeit auch schon leichte Fahrlässigkeit. |
21.Besteht bei § 379 AO auch die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige? | Nein, die AO sieht diese Möglichkeit nicht vor. Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist erst dann möglich, wenn die Gefährdung zu einer Verletzungshandlung zumindest nach § 378 AO geführt hat (Quedenfeld, a.a.O., Rn. 253). Nach Quedenfeld (a.a.O.) kann die Finanzbehörde aber gem. § 47 OWiG das Bußgeldverfahren einstellen bzw. von seiner Durchführung absehen, wenn der Täter den ordnungswidrigen Zustand beseitigt, bevor aus der Tat ein Schaden entstanden ist. |
22.Welche Geldbußen drohen bei einer Steuergefährdung? | Nach § 379 Abs. 4 AO können Geldbußen bis zu 5.000 EUR verhängt werden, wenn die Ordnungswidrigkeit nicht nach § 378 AO geahndet werden kann. |
23.Welchen Zweck verfolgt § 380 AO (Gefährdung von Abzugssteuern)? | § 380 AO soll die Einhaltung der Pflichten gewährleisten, die Dritten im Besteuerungsverfahren und für fremde Steuerschulden übertragen sind. |
24.Welche Tathandlungen werden von § 380 AO erfasst? | Nach § 380 Abs. 1 AO handelt derjenige ordnungswidrig, der seiner Verpflichtung, Steuerabzugsbeträge einzubehalten und abzuführen, nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt. Hinweis: Der objektive Tatbestand ist schon dann erfüllt, wenn der Täter nur einer der vier aufgeführten Verpflichtungen nicht nachkommt. |
25.Rechtfertigen Zahlungsschwierigkeiten einen Verstoß gegen die Einbehaltungs- und Abführpflichten? | Nein, der Verstoß wird dadurch nicht gerechtfertigt. Hinweis: Die nicht rechtzeitige Abführung von Steuerabzugsbeträgen ist aber gerechtfertigt, wenn die Steuer vor diesem Termin gestundet war. Eine Stundung nach Fälligkeit beseitigt die Rechtswidrigkeit nicht. In diesen Fällen sollte aber ebenfalls auf die Möglichkeit der Einstellung nach § 47 OWiG verwiesen werden (Quedenfeld, a.a.O., Rn. 261). |
| Nach § 380 Abs. 2 AO ist die Gefährdung von Abzugssteuern subsidiär. Die Tat wird also nur dann nach § 380 AO geahndet, wenn es nicht zu einer Ahndung nach § 378 AO kommt. Die Ahndungsmöglichkeit nach § 380 AO soll wieder aufleben, wenn von einer Ahndung nach § 378 AO abgesehen wird (Quedenfeld, a.a.O., Rn. 261 m.w.N.). |
27.Welche subjektiven Begehungsweisen setzt § 380 AO voraus? | Die Gefährdungshandlungen können vorsätzlich oder leichtfertig begangen werden. |
28.Besteht bei § 380 AO die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige? | Nein, die AO sieht diese Möglichkeit nicht vor. Ob ggf. eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 378 Abs. 3 AO auch die Ahndung wegen Gefährdung von Abzugssteuern (§ 380 AO) ausschließt, ist streitig (vgl. die Nachweise bei Quedenfeld, a.a.O., Rn. 261). |
29.Welche Geldbußen drohen bei einer Gefährdung der Abzugssteuern? | Nach § 380 Abs. 2 AO können Geldbußen bis zu 25.000 EUR verhängt werden, wenn die Ordnungswidrigkeit nicht nach § 378 AO geahndet werden kann. |