01.02.2010 | Aktuelle Rechtsprechung des BGH
Schadensermittlung bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen
von StA Kai Sackreuther, Karlsruhe
Die strafrechtliche Aufarbeitung illegaler Beschäftigungsverhältnisse gewinnt an Bedeutung in der Rechtsprechung des BGH. Neben die Strafbarkeit des Arbeitgebers wegen Hinterziehung der Lohnsteuer tritt in solchen Fällen regelmäßig die nach § 266a StGB. Aufgrund der Sozialrechtsakzessorietät dieser Strafvorschrift (BGH 28.5.02, 5 StR 16/02, BGHSt 47, 318; BGH 24.10.06, 1 StR 44/06, BGHSt 51, 124, PStR 07, 28; BGH 24.10.07, 1 StR 160/07, BGHSt 52, 67) ist erforderlich, auch die beitragsrechtlichen Vorschriften der einzelnen Sozialgesetzbücher in den Blick zu nehmen, um sachgerechte Lösungen zu erzielen. Im Folgenden werden die entsprechenden Entscheidungen des BGH aus dem Jahr 2009 vorgestellt.
1. Schadensermittlung unter Beachtung des § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV
Bereits mit Urteil vom 2.12.08 (1 StR 416/08, Abruf-Nr. 083965, wistra 09, 101), das vornehmlich wegen seiner Ausführungen zur Strafzumessung in Steuerstrafsachen Bekanntheit erlangte (dazu Salditt, PStR 09, 15, 25), hatte der BGH entschieden, dass bei der Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV Anwendung findet. Das bedeutet, dass der an die illegal beschäftigten Arbeitnehmer gezahlte Schwarzlohn auf ein Bruttogehalt hochgerechnet wird. Aus diesem fiktiven Bruttoarbeitsentgelt wird dann unter Anwendung der jeweils maßgeblichen Beitragssätze der durch die Straftaten verursachte Beitragsschaden berechnet (Wulf, Stbg 09, 456; Lübbersmann, PStR 09, 67).
Mit Beschluss vom 7.10.09 (1 StR 320/09; Abruf-Nr. 100186) hat der BGH in Fortführung dieses Grundsatzurteils entschieden, dass § 14 Abs.2 S. 2 SGB IV auch dann anwendbar ist, wenn ordnungsgemäß gemeldeten Arbeitnehmern lediglich ein Teil ihres Gehalts schwarz ausgezahlt wird (Teilschwarzlohnzahlung). Dieser Schwarzlohnanteil, bei dem es sich zwangsläufig um einen Nettobetrag handelt, ist zur Ermittlung des Beitragsschadens ebenfalls hochzurechnen. Dieser Auslegung steht nach Auffassung des BGH der Wortlaut von § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV nicht entgegen (a.A. Seewald in Kasseler, Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, April 09, SGB IV § 14 Rn. 140; Klattenhof in Hauck/Noftz, SGB IV, September 09, K § 14 Rn. 45). Vielmehr gebietet der Zweck, den der Gesetzgeber bei Einführung der Vorschrift verfolgte, die Anwendung auch in Fällen der Schwarzlohnzahlung.
§ 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV ist dabei nicht nur bei Teilschwarzlohnzahlungen an im Übrigen ordnungsgemäß gemeldete Arbeitnehmer anwendbar. Nach dem Beschluss des BGH vom 10.11.09 (1 StR 283/09; Abruf-Nr. 100187) gilt dies vielmehr auch in den Fällen, in denen Schwarzlohnzahlungen an Arbeitnehmer erfolgen, die in einem Unternehmen neben ordnungsgemäß gemeldeten Arbeitnehmern, für die Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge in vollen Umfang abgeführt wurden, beschäftigt werden. Der an diese illegal Beschäftigten gezahlte Schwarzlohn ist ebenfalls nach § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV hochzurechnen.
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