FG München 15.1.08, 14 V 3441/07, (juris), Abruf-Nr. 093362 | Haftung (§ 71 AO): Der Geschäftsführer einer GmbH kann wegen Steuerhinterziehung für Steuerschulden der Gesellschaft in Haftung genommen werden, wenn er seiner Verpflichtung zur rechtzeitigen Abgabe wahrheitsgemäßer USt-Erklärungen nicht nachgekommen ist und dadurch zu niedrige Schätzungen des FA zumindest billigend in Kauf genommen hat. | FG BW 30.1.08, 2 K 127/05, PStR 09, 30, Abruf-Nr. 090142 | Vorsatz / „In dubio pro reo“ im Besteuerungsverfahren: Die pflichtwidrige Nichtangabe des Gewinns aus der Veräußerung eines Anteils am Stammkapital einer GmbH erfüllt den objektiven Tatbestand einer Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). Überträgt ein Steuerpflichtiger, der keine kaufmännische Ausbildung hat, die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten einer Angestellten, die ausgebildete Steuerfachgehilfin ist, sowie einem Steuerberater, kann nicht von einem bedingten Vorsatz ausgegangen werden. Das FA trägt die Beweislast für das Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale der strafbaren Handlung, und zwar auch in subjektiver Hinsicht. Das Vorliegen dieser Tatbestandsmerkmale ist im Besteuerungsverfahren nicht nach der StPO, sondern nach den Vorschriften der AO und der FGO zu prüfen. Im Besteuerungsverfahren und finanzgerichtlichen Verfahren ist jedoch auch der strafverfahrensrechtliche Grundsatz „in dubio pro reo“ zu beachten. | FG Düsseldorf 5.2.08, 11 V 4226/07, (juris), Abruf-Nr. 093363 | Hinterziehung von Grundsteuer (islamische Religionsgemeinschaft): Die Voraussetzungen für die Hinterziehung der GrSt, für die der Wert des Grundbesitzes festzustellen ist, sind erfüllt, wenn die Verantwortlichen eines gemeinnützigen Vereins Tatsachen, die zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen, gegenüber dem für die KSt und dem für die Einheitswertfeststellung zuständigen FA verschwiegen haben. | FG Berlin- Brandenburg 5.3.08, 7 K 10297/06 B, (juris), Abruf-Nr. 093364 | Vorsatz / Steuergeheimnis: Eine Steuerhinterziehung liegt vor, wenn der Täter weiß, dass die Angaben, die er gemacht hat, unrichtig oder unvollständig sind und dass dadurch eine Steuerverkürzung eintreten kann. Diese Voraussetzungen und Folgen muss er wollen oder zumindest billigend in Kauf nehmen. Zumindest bedingter Vorsatz ist auch gegeben, wenn der Steuerpflichtige behauptet, von Einnahmen deshalb nichts gewusst zu haben, weil er die entsprechenden Kontoauszüge in Stapeln von Unterlagen ablegte, was ein leichtes Wiederauffinden unmöglich machte. Ein Wissen um die Höhe von Einnahmen wird nicht dadurch beseitigt, dass der Steuerpflichtige die zur Zusammenstellung erforderlichen und zu den Geschäftsvorfällen gehörenden Unterlagen verlegt oder sogar vernichtet. Das FA ist berechtigt, den Dienstherrn eines Hochschullehrers darüber zu informieren, dass gegen diesen ein Verfahren wegen des Verdachts der ESt-Hinterziehung geführt und wegen der strafbefreienden Wirkung einer Selbstanzeige eingestellt worden ist, damit der Dienstherr prüfen kann, ob dienstrechtliche Maßnahmen zu ergreifen sind. | FG Nürnberg 1.4.08, II 127/2005, PStR 08, 227, Abruf-Nr. 082114 | Haftung (§ 71 AO): Der auch bei der Haftung für USt aufgrund der Beihilfe zur Steuerhinterziehung nach § 71 AO bei mangelnder Liquidität im Zeitpunkt der Fälligkeit der von der Haftung betroffenen Steuern zu beachtende Grundsatz der nur anteiligen Haftung ist eingeschränkt, wenn durch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen der dadurch erlangte Vorteil langfristig sichergestellt werden sollte. Einigt sich das FA mit den Erben eines Steuerhinterziehers im Rahmen eines im Nachlassverwaltungsverfahrens zur Vermeidung eines Nachlassinsolvenzverfahrens abgeschlossenen Vergleichs über eine quotale Tilgung der gegen den Nachlass angemeldeten Abgabenforderungen und werden die übrigen Abgabenforderungen gegenüber den Erben erlassen, besteht kein Anspruch des gesamtschuldnerisch mit dem | | verstorbenen Steuerhinterzieher gemäß § 71 AO haftenden Gehilfen auf Anrechnung der gegenüber den Erben aus persönlichen Billigkeitsgründen erlassenen Steuerschulden. Die Durchbrechung des Grundsatzes der Akzessorietät für die Haftung als Steuerhinterzieher nach § 191 Abs. 5 S. 2 AO gilt nicht nur allein für die täterschaftliche Begehung der Steuerhinterziehung, sondern für jede Begehungsform der Steuerhinterziehung von § 370 AO, also auch für die Beihilfe zur Steuerhinterziehung. | FG Münster 23.4.08, 12 K 6282/04 E, EFG 08, 1385, Abruf-Nr. 093365 | Vorsatz (angebliche Unfähigkeit zum Ausfüllen einer Steuererklärung): Vorsätzlich i.S. von § 370 AO handelt auch derjenige, der es für möglich hält, dass er den Straftatbestand verwirklicht und dies billigend in Kauf nimmt. Hierfür genügt es, wenn der Täter zwar nicht in rechtstechnischer Beurteilung, aber doch in einer seiner Gedankenwelt entsprechenden allgemeinen Bewertung das Unrechtmäßige seiner Tat erkennen musste oder hätte erkennen können. Die Behauptung, weder fachlich noch sprachlich in der Lage zu sein, eine ESt-Erklärung auszufüllen, entlastet den Täter einer Steuerhinterziehung nicht, wenn ersichtlich ist, dass er die ESt mindernde Umstände erkannt und in ihrer Bedeutung tatsächlich erfasst hat. Da die Bewertung des Sinngehalts von Angaben tatsächlicher Art in einer Steuererklärung nicht unterschiedlich je nach dem ausfallen kann, ob es sich um steuererhöhende oder steuermindernde Umstände handelt, ist davon auszugehen, dass auch steuererhöhende Umstände in ihrer Bedeutung erfasst werden können. | FG Mecklenburg-Vorpommern 14.5.08, 1 K 205/04, (juris), Abruf-Nr. 093366 | Mittäterschaft des faktischen Geschäftsführers / Haftung (§ 71 AO): Mittäter einer Steuerhinterziehung i.S. von § 370 AO, § 25 StGB ist auch, wer im Rahmen der gemeinsamen Tatplanung und Tatausführung die Funktion eines faktischen Mitgeschäftsführers inne hat und somit Verfügungsberechtigter i.S. des § 35 AO ist. Ein solcher Mittäter ist auch Haftungsschuldner i.S. des § 71 AO. Die Haftung gemäß § 71 AO ist keine zusätzliche Strafsanktion für steuerunehrliches Verhalten, sondern soll allein den durch die Hinterziehungshandlung verursachten Vermögensschaden des Fiskus ausgleichen. | FG Rheinland-Pfalz 30.5.08, 5 K 2482/05, EFG 08, 1411, Abruf-Nr. 093367 | Wirksamkeit der strafbefreienden Erklärung nach dem StraBEG: Eine den Anforderungen des StraBEG genügende und damit wirksame strafbefreiende Erklärung liegt nur vor, wenn der Lebenssachverhalt so spezifiziert wird, dass beurteilt werden kann, ob ein Fall des - § 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG vorliegt - bei dem zur pauschalen Abgeltung aller Abzüge lediglich 60 % der Einnahmen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind - oder
| FG BW 17.6.08, 8 K 59/04, PStR 09, 56, Abruf-Nr. 090143 | Schätzung im Besteuerungsverfahren: Geht aus Saldenbestätigungen einer Bank hervor, dass der Steuerpflichtige zu einem bestimmten Zeitpunkt über ertragbringende Kapitalanlagen verfügte, so darf das FA im Besteuerungsverfahren davon ausgehen, dass auch in den Vorjahren entsprechende Guthaben bestanden haben, aus denen Einnahmen bezogen wurden, wenn der Steuerpflichtige hierzu keine Angaben macht. Des Weiteren kann im Besteuerungsverfahren davon ausgegangen werden, dass der Steuerpflichtige sein zunächst in einem Depot in Luxemburg gehaltenes Kapitalvermögen auch nach Auflösung des Depots weiterhin ertragbringend angelegt hat, wenn er seine Behauptung, das Kapital zu Hause aufbewahrt und nach und nach durch Anschaffung von Antiquitäten und sonstigen wertvollen Gegenständen verbraucht zu haben, nicht glaubhaft machen und z.B. durch Vorlage von Kaufbelegen oder Quittungen belegen kann. Im Streitfall wurde unterstellt, dass der Beschuldigte, der Anfang 1993 im Zusammenhang mit der Einführung der Zinsabschlagsteuer Wertpapiere nach Luxemburg transferiert hat, die Steuerpflicht der Erträge kannte, und dass er diese der inländischen Besteuerung entziehen und der ab dem 1.1.93 geltenden Zinsabschlagsteuer entgehen wollte. | FG BW 25.6.08, 12 K 407/04, EFG 08, 1434, Abruf-Nr. 093368 | Haftung (§ 69 AO) beim USt-Karussell: Der ein USt-Karussell entwickelnde und maßgeblich steuernde Unternehmer haftet nach § 69 AO als faktischer Geschäftsführer gemäß § 35 AO für den durch die Zwischenhändler-GmbH bewirkten USt-Ausfall, wenn er der GmbH die zur Begleichung der verwirklichten USt-Schuld notwendigen Gelder - aufgrund der völligen Abhängigkeit der übrigen Teilnehmer am Karussellgeschäft von seiner Person - auf Dauer entziehen kann und diese auch tatsächlich entzogen hat. | FG München 2.7.08, 1 K 2599/07, (juris), Abruf-Nr. 093369 | Vorsatz (Betriebsausgabenabzug für Zweitwohnung): Macht der Steuerpflichtige Aufwendungen für eine zusammen mit seiner Lebensgefährtin bewohnte Zweitwohnung unberechtigt als Betriebsausgabe geltend, so kann ein Hinterziehungsvorsatz zu verneinen sein, soweit er möglicherweise nach Laiensicht davon ausging, dass das Unterhalten der Wohnung betriebliche Gründe hatte und er zum Abzug der Kosten als Betriebsausgabe berechtigt gewesen sei. Eine solche vorsatzausschließende Betrachtung ist ausgeschlossen, soweit der hälftige Anteil der Aufwendungen die Mitnutzung der Wohnung durch die Lebensgefährtin betrifft. | FG München 10.7.08, 14 V 1356/08, (juris), Abruf-Nr. 093370 | Haftung (§ 71 AO) bei Vernachlässigung der Berichtigungspflicht: Kommt der Geschäftsführer einer GmbH nach Kündigung eines Lizenzvertrags seiner nach § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO bestehenden Pflicht zur Anzeige der unrechtmäßigen Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs aus dem Vertrag durch Abgabe einer berichtigten USt-Voranmeldung nicht nach bzw. wird die Unrichtigkeit der Voranmeldung erst mit der - zur Hinauszögerung der Insolvenz - wesentlich verspäteten Abgabe der USt-Erklärung zu einem Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit der GmbH angezeigt, haftet der Geschäftsführer gemäß § 71 AO für die aus der Berichtigung folgende USt-Zahllast. Der Haftungsinanspruchnahme des Geschäftsführers gemäß § 69 AO i.V. mit § 34 AO für die übrige sich aus der bewusst hinausgezögerten Abgabe der USt-Erklärung ergebende USt-Zahllast, hinsichtlich der keine Steuerhinterziehung anzunehmen ist, steht nicht die Mittellosigkeit der GmbH im Zeitpunkt der gesetzlichen Fälligkeit der USt-Schuld entgegen, wenn durch die Abgabe der unzutreffenden USt-Voranmeldung der Erfolg der vorsätzlichen Verschlechterung der Liquiditätsverhältnisse der GmbH sichergestellt werden sollte. | Niedersächsisches FG 20.8.08, 9 K 352/06, DStRE 09, 693, Abruf-Nr. 093371 | Tatzeitpunkt i.S. des StraBEG: Für die Frage, ob eine Tat i.S. des § 1 Abs. 1 StraBEG i.V. mit § 1 Abs. 7 StraBEG vor dem 18.10.03 begangen worden ist, ist darauf abzustellen, ob bereits zu diesem Zeitpunkt Steuern verkürzt worden sind, d.h. die Tat vollendet ist. Die Verkürzung einer Veranlagungssteuer bei Nichtabgabe einer Steuererklärung ist erst vollendet, nachdem die Veranlagungsarbeiten in dem betreffenden Bezirk für den maßgeblichen Zeitraum allgemein abgeschlossen sind. Erst dann ist die rechtzeitige Festsetzung der Steuer vereitelt. Es wird demnach darauf abgestellt, wann der Täter bei ordnungsgemäßer Abgabe der Steuererklärung spätestens veranlagt worden wäre. | |