24.07.2009 | Berichtigungspflicht
§ 153 AO: Die strafbewehrte Berichtigungspflicht - eine Kritik an der neuen BGH-Rechtsprechung
von RA Dr. Martin Wulf, FA StR, Berlin
Der Beschluss des BGH vom 17.3.09 enthält über den entschiedenen Einzelfall hinausgehende Anmerkungen zur Auslegung von § 153 AO, die der Entscheidung erhebliche Bedeutung geben (BGH 17.3.09, 1 StR 479/08, NJW 09, 1984, Abruf-Nr. 091824; auch Sackreuther, PStR 09, 185 ff., in dieser Ausgabe).
1. Der Sachverhalt
Einem Unternehmer waren durch eine Umsatzsteuersonderprüfung für das Jahr 2003 erhebliche Unstimmigkeiten in der Erfassung und Erklärung der steuerpflichtigen Umsätze seines Betriebs bescheinigt worden. Der Unternehmer rechnete nach Feststellung des LG mit entsprechenden Fehlern auch für die abgegebenen Voranmeldungen des Jahres 2002 und unterließ gleichwohl eine Korrektur, insbesondere die Abgabe einer zutreffenden Umsatzsteuerjahreserklärung, die für dieses Veranlagungsjahr noch nicht eingereicht worden war. Das LG verurteilte den Unternehmer wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zu einer Geldstrafe. Der BGH bestätigte die Verurteilung. Die Entscheidung wäre banal, soweit sie sich hierauf beschränkte.
Daneben stellt der BGH aber den Rechtssatz auf, eine steuerrechtliche Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO bestehe auch dann, wenn der Steuerpflichtige bei Abgabe der ersten Erklärung mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat, d.h. die Unrichtigkeit der Angaben „billigend in Kauf genommen“ und erst später sichere Kenntnis von der Unrichtigkeit der Angaben und der dadurch eingetretenen Steuerverkürzung erlangt habe. Diese Pflicht sei strafbewehrt. Es mache sich also nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbar, wer seine bedingt vorsätzliche Steuerhinterziehung nachträglich - nach Erlangung sicherer Kenntnis - nicht gegenüber dem FA anzeige.
Die Ausführungen des BGH provozieren Widerspruch. Sie lassen eine ganze Reihe wesentlicher Gesichtspunkte außer Betracht. Es steht zu befürchten, dass der BGH sich von dem Ziel hat leiten lassen, eine Verschärfung des Steuerstrafrechts für eine Detailfrage herbeizuführen, ohne auf systematische Grundlagen des Steuerstrafrechts Rücksicht zu nehmen.
2. Struktur und Auslegung von § 153 AO
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