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  • 01.05.2007 | Besteuerungsverfahren

    Mitwirkungspflicht trotz Strafverfahrens

    Der Steuerpflichtige bleibt im Besteuerungsverfahren zur Mitwirkung verpflichtet, auch wenn gegen ihn ein Strafverfahren läuft (BFH 15.11.06 XI B 19/06, Abruf-Nr. 071329).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Kläger rügt, das FG beurteile sein Schweigerecht und damit die Frage einer Mitwirkungspflicht abweichend von der Rechtsprechung des BGH. Der BFH weist die NZB gegen das klageabweisende Urteil des FG zurück und legt dar, dass sich nach § 393 Abs. 1 S. 1 AO die Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren nach den für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften richten. Besteuerungsverfahren und Steuerstrafverfahren stehen grundsätzlich unabhängig und gleichrangig nebeneinander. Der Steuerpflichtige bleibt daher im Besteuerungsverfahren auch dann zur wahrheitsgemäßen Mitwirkung verpflichtet, wenn gegen ihn ein Strafverfahren läuft. Zwangsmittel (§ 328 AO) sind jedoch unzulässig, wenn der Steuerpflichtige dadurch gezwungen ist, sich selbst wegen einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit zu belasten (§ 393 Abs. 1 S. 2 AO). 

     

    Praxishinweis

    Ein anderes Ergebnis würde den verfassungsrechtlichen Grundsatz der steuerlichen Belastungsgleichheit verletzen (BVerfGE 56, 37). Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit schützt nicht vor einer Bestrafung strafbaren Verhaltens, sondern lediglich vor einer strafrechtlichen Verurteilung, die auf einem rechtlichen Zwang zur Selbstbelastung beruht. Hieraus folgt, dass ein anhängiges Steuerstrafverfahren und das damit einhergehende Zwangsmittelverbot nicht rechtfertigt, die Abgabe von Steuererklärungen für nachfolgende Besteuerungszeiträume zu unterlassen (wistra 05, 228, 229). Erst recht legitimiert es nicht die Schaffung neuen Unrechts (BGHSt 47, 8, 15).  

     

    Inzwischen erkennt der BGH aber an, dass der Konflikt, durch wahre Angaben (mittelbar) zum Nachweis der Steuerhinterziehung für die zurückliegenden Steuerjahre beizutragen, zwar nicht zur Suspendierung strafbewehrter steuerlicher Pflichten führt, die Verwertung entsprechender Informationen ist jedoch nur eingeschränkt zulässig. Die Erfüllung der Offenbarungspflichten können dem Steuerpflichtigen nur dann zugemutet werden, wenn die – im Besteuerungsverfahren erzwingbaren – Angaben in einem Strafverfahren nicht gegen ihn verwendet werden. Das Verbot des Selbstbelastungszwanges führt dazu, dass die Erklärungen eines Beschuldigten allein im Besteuerungsverfahren verwendet werden dürfen. Für das laufende Strafverfahren dürfen diese Informationen, soweit sie unmittelbar oder auch mittelbar zum Nachweis einer Steuerhinterziehung für die zurückliegenden Steuerjahre führen können, nicht herangezogen werden (NJW 05, 763, 764). (AW)