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  • 25.08.2010 | Der Steuerberater fragt, der Steuerstrafverteidiger antwortet

    Beginn der Strafbarkeit bei Unterlassen

    von RA Dirk Aue, Jarosch & Partner, Düsseldorf

    Dass Einkommensteuererklärungen nicht immer fristgerecht abgegeben werden, ist hinlänglich bekannt. Zum Teil zögern Steuerpflichtige die Erklärung sogar bewusst hinaus, weil sie noch auf die Überwindung eines Liquiditätsengpasses hoffen. Es stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen vorliegen kann und wann im Einzelfall Nachlässigkeit in Strafbarkeit umschlägt.  

    Frage des Steuerberaters

    Ein neuer Mandant ist Freiberufler und hat die Einkommensteuererklärung für den VZ 2008 bis heute noch nicht abgegeben. Mit der Abgabe der Erklärung möchte der Mandant auch noch weiter zuwarten, da er noch einen größeren Zahlungseingang erwartet, den er für die Tilgung der erwarteten Steuernachforderung benötigt. Hat sich mein Mandant bereits strafbar gemacht? Birgt ein weiteres Zuwarten ein Strafbarkeitsrisiko?  

    Antwort des Verteidigers

    Bei der Prüfung, ob schon ein strafbares Verhalten vorliegt, ist zwischen der Versuchsstrafbarkeit nach § 370 Abs. 2 AO einerseits und einer vollendeten Steuerhinterziehung andererseits zu unterscheiden.  

     

    Eine vollendete Hinterziehung durch Unterlassen liegt erst vor, wenn das zuständige FA die Veranlagungsarbeiten in dem betreffenden Bezirk für den maßgeblichen Zeitraum allgemein abgeschlossen hat (BGH 7.11.01, 5 StR 395/01, PStR 02, 3). Dieser Zeitpunkt erklärt sich wie folgt: Die Vollendung der Tat knüpft an den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs an. Dies ist im Falle der Steuerhinterziehung der Eintritt der Steuerverkürzung. Eine Steuerverkürzung liegt nach § 370 Abs. 4 S. 1 AO vor, wenn die Steuer nicht bzw. nicht rechtzeitig festgesetzt wird. Um zu bestimmen, was nicht mehr rechtzeitig ist, muss gedanklich zunächst geprüft werden, bis zu welchem Zeitpunkt die Abgabe noch rechtzeitig erfolgt wäre. Hier muss zugunsten des Täters nach dem Zweifelsgrundsatz (in dubio pro reo) unterstellt werden, dass er selbst bei fristgemäßer Abgabe der Steuererklärung als einer der Letzten im Veranlagungsbezirk veranlagt worden wäre.