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  • 27.05.2011 | Der Steuerberater fragt, der Steuerstrafverteidiger antwortet

    Geldverkehrsrechnung im Strafverfahren

    von RA Dirk Aue, Jarosch & Partner, Düsseldorf

    Dort, wo sich Besteuerungsgrundlagen nicht konkret ermitteln lassen, wird nach § 162 AO geschätzt - zumindest im Besteuerungsverfahren. Auch in einem Strafverfahren wegen des Vorwurfs einer Steuerhinterziehung ist es regelmäßig notwendig, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, um festzustellen, ob und in welchem Umfang eine Steuerverkürzungen als Taterfolg eingetreten ist. Die StPO kennt allerdings keine spezielle, dem § 162 AO entsprechende Norm. Es gilt hier daher allgemein der Grundsatz der freien richterlichen Überzeugungsbildung (§ 261 StPO).  

    Frage des Steuerberaters

    Im Rahmen einer bei meinem Mandanten durchgeführten Betriebsprüfung wurde auf der Grundlage einer Geldverkehrsrechnung für den VZ 2008 ein Mehrergebnis von 60.000 EUR ermittelt. Schon während der Prüfung wurde gegen den Mandanten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer eingeleitet. Kann das im Rahmen der Betriebsprüfung ermittelte Mehrergebnis nun ohne Weiteres in das Strafverfahren übertragen werden?  

    Antwort des Verteidigers

    Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist auch im Steuerstrafverfahren die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen zulässig, wenn zwar feststeht, dass der Steuerpflichtige einen Besteuerungstatbestand erfüllt hat, das Ausmaß der verwirklichten Besteuerungsgrundlagen aber ungewiss ist (zuletzt BGH 28.7.10, 1 StR 643/09, PStR 10, 235). Das Gericht kann sich hierbei der steuerlich anerkannten Schätzungsmethoden bedienen und sogar auf die amtliche Richtsatzsammlung zurückgreifen. Welche Schätzungsmethode dem Ziel, der Wirklichkeit durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen möglichst nahe zu kommen, gerecht wird, hat der Tatrichter selbst zu entscheiden.  

     

    Wichtig ist, dass die Schätzung vom Strafgericht selbst und zwar nach den für das Strafverfahren geltenden Beweismaßstäben vorzunehmen ist. Eine unüberprüfte Übernahme der vom FA ermittelten Ergebnisse in das Strafverfahren ist zwar in der Praxis nicht selten zu beobachten, widerspricht aber den strafprozessualen Regeln der Überzeugungsbildung. Möchte sich der Tatrichter Schätzungen des FA zu Eigen machen, so muss er sie überprüfen und sich von ihrer Richtigkeit unter Berücksichtigung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze überzeugen (BGH 4.2.92, 5 StR 655/91, wistra 92, 147).