22.09.2010 | Der Steuerberater fragt, der Steuerstrafverteidiger antwortet
Mehrergebnis und Hinterziehungserfolg - zwei ungleiche Größen!
von RA Dirk Aue, Jarosch & Partner, Düsseldorf
Regelmäßig enden Betriebsprüfungen mit einem Mehrergebnis. Von diesem Mehrergebnis darf aber nicht voreilig auf einen Hinterziehungserfolg geschlossen werden. So ist das Mehrergebnis z.B. strafrechtlich irrelevant, soweit es bei zutreffenden Angaben des Steuerpflichtigen nur auf einer abweichenden steuerrechtlichen Würdigung beruht oder natürlich auch soweit eine Hinterziehung mangels Vorsatz nicht infrage kommt. Etwas anderes gilt, wenn Empfänger nicht benannt werden (§ 160 AO) und vorsätzlich falsche Angaben zu fingierten Lieferanten gemacht werden.
Frage des Steuerberaters
Mein Mandant hat für sein Einzelunternehmen Ware auf Wunsch einzelner Lieferanten teilweise schwarz eingekauft. Um für den ordnungsgemäßen Verkauf die Warenein- und ausgänge in Einklang zu bringen, hat er die Schwarzgeschäfte in seiner Buchführung erfasst und fingierte Firmen als Lieferanten angegeben. Der Sachverhalt ist nun im Rahmen einer Betriebsprüfung aufgedeckt und das Strafverfahren eingeleitet worden. Da der Mandant seine tatsächlichen Lieferanten nicht benennen will, werden die entsprechenden Wareneinkäufe nicht als Betriebsausgabe berücksichtigt. Hat der Mandant neben den steuerlichen auch strafrechtliche Konsequenzen zu befürchten?
Antwort des Verteidigers
Was die Angabe fingierter Lieferanten angeht, so wurde in der Rechtsprechung (OLG Karlsruhe 6.5.85, 3 Ws 80/84, wistra 85, 163 ff.) zunächst das Vorliegen einer Steuerhinterziehung bejaht, weil das irreführende Verhalten des Steuerpflichtigen dem FA die Möglichkeit nehme, eine Empfängerauskunft zu verlangen. Hierdurch verschaffe sich der Täter, der wisse, dass das FA anderenfalls die Abzugsfähigkeit versagen würde, einen Steuervorteil. Sein „steuerunehrliches“ Verhalten habe daher im Ergebnis eine Verringerung seiner Steuerschuld zur Folge.
Der BGH ist dieser Auffassung mit seiner Entscheidung vom 22.11.85 entgegengetreten (2 StR 64/85, wistra 86, 109). Zur Begründung stellt er auf die Besonderheit des § 160 AO ab, die es zulasse, Betriebsausgaben, die dem Steuerpflichtigen tatsächlich erwachsen seien, steuerlich nicht anzuerkennen. Die Vorschrift begründet nach Ansicht des BGH im Wesentlichen eine Gefährdungshaftung für die beim Lieferanten - nach allgemeiner Lebenserfahrung - nicht versteuerten Einnahmen. Diese Haftung sei aber im Anschluss an das Auskunftsverlangen tatbestandlich auch noch von einer Ermessensentscheidung der Behörde abhängig. Da diese Ermessensentscheidung im Zeitpunkt der Angabe fingierter Lieferanten aber noch gar nicht getroffen sei, lägen auch noch nicht alle Voraussetzungen der - vom Täter zu vereitelnden - Haftung vor. Auch eine versuchte Steuerhinterziehung sei nicht anzunehmen, weil die Erfassung fingierter Lieferanten noch als Vorbereitungshandlung einzustufen sei. Die Schwelle zum Versuchsstadium sei damit noch nicht überschritten.
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