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  • 21.04.2011 | Der Steuerberater fragt, der Steuerstrafverteidiger antwortet

    Neue Erkenntnisse nach Verfahrenseinstellung und tatsächlicher Verständigung

    von RA Dirk Aue, Jarosch & Partner, Düsseldorf

    Strafverfahren, die aus einer BP heraus entstanden sind, können im Einvernehmen zwischen Betriebsprüfungsstelle und Ermittlungsbehörde erledigt werden. Im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung (TV) „einigen“ sich die Beteiligten auf die Besteuerungsgrundlage und Einstellung des Verfahrens gegen Zahlungsauflage. Fraglich ist, ob der auf diese Weise erlangte Rechtsfrieden nachträglich noch beeinträchtigt werden kann.  

    Frage des Steuerberaters

    Mein Mandant betreibt eine Kfz-Werkstatt. Bei einer BP Anfang 2010 für die VZ 2006 bis 2008 erhärtete sich nach einer Geldverkehrsrechnung der Verdacht, dass der Mandant einen Teil seiner Einnahmen nicht erklärt hatte. Da der Umfang der Schwarzeinnahmen nicht genau zu ermitteln war, verständigten die Beteiligten sich auf den Ansatz eines Mehrerlöses von 6.000 EUR für jeden VZ. Das eingeleitete Steuerstrafverfahren wurde gegen Zahlungsauflage nach § 153a StPO eingestellt. Als der Mandant sich Anfang 2011 im Streit von einem Mitarbeiter trennte, offenbarte dieser gegenüber dem FA, sein Chef habe damit geprahlt, wie er das FA ausgetrickst habe. Tatsächlich hätte er nämlich Schwarzeinnahmen von weit über 15.000 EUR im Jahr gehabt. Wird das Strafverfahren nun noch einmal aufgegriffen? Kann das FA die ESt-Bescheide noch einmal ändern?  

    Antwort des Verteidigers

    Was das Strafverfahren angeht, so bewirkt eine Einstellung nach § 153a StPO in dem Moment, in dem die Auflage erfüllt wird, einen beschränkten Strafklageverbrauch (§ 153a Abs. 1 S. 5 StPO). Die Tat kann als Vergehen dann nicht mehr verfolgt werden. „Die Tat“ i.S. von § 153a StPO bestimmt sich nach dem prozessualen Tatbegriff des § 264 StPO, der sich an dem zusammenhängenden, einheitlichen Lebensvorgang orientiert. Durch die Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO können damit also keine Sachverhalte mehr verfolgt werden, die bereits zum selben Lebensvorgang gehören, der Gegenstand des Strafverfahrens war. Stellt sich nachträglich heraus, dass in dem geprüften VZ mehr Erlöse vereinnahmt wurden als ursprünglich angenommen, so handelt es sich um dieselbe Tat im prozessualen Sinne, die somit nicht mehr als Vergehen verfolgt werden kann.  

     

    Als „beschränkt“ wird das Verfahrenshindernis bezeichnet, weil die Tat zwar nicht mehr als Vergehen aber wohl noch als Verbrechen verfolgt werden könnte. Verbrechen sind rechtwidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind (§ 12 Abs. 1 StGB). Nach Wegfall des § 370a AO gibt es im steuerstrafrechtlichen Bereich allerdings keine Verbrechenstatbestände mehr, sodass eine Einstellung nach § 153a StPO hier de facto immer endgültig wirkt. Ein strafrechtliches Risiko besteht allerdings an anderer Stelle.