22.07.2010 | Der Steuerberater fragt, der Steuerstrafverteidiger antwortet
Restschuldbefreiung nach Steuerhinterziehung
von RA Dirk Aue, Jarosch & Partner, Düsseldorf
In Hinterziehungsfällen, in denen - teilweise über viele Jahre hinweg - hohe Beträge am Fiskus vorbei geflossen sind, reicht oft das noch vorhandene Vermögen nicht aus, um die Steuernachforderungen zu begleichen. Für den Beschuldigten stellt sich dann die Frage, ob ein Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zweckmäßig ist.
Frage des Steuerberaters
Mein Mandant hat in seinem Einzelunternehmen schon seit vielen Jahren einen erheblichen Teil seiner Einnahmen nicht erklärt und wurde deshalb zu einer Geldstrafe verurteilt. Das FA hat die ESt für die letzten zehn Jahre berichtigt. Sollte ich meinem Mandanten, der nicht einmal ein Drittel der fälligen Steuern bezahlen könnte, raten, Insolvenzantrag zu stellen?
Antwort des Verteidigers
Ein Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erscheint vor allem vor dem Hintergrund der denkbaren Restschuldbefreiung nach §§ 286 ff. InsO interessant. Der Insolvenzschuldner kann hierbei von seinen Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit werden. Auf dem Weg zur Befreiung von hinterzogenen Steuern gibt es allerdings zwei Hürden. Zunächst stellt sich die Frage, ob eine „ausgenommene Forderung“ nach § 302 InsO vorliegt. Die Vorschrift benennt bestimmte Verbindlichkeiten, die von der Wirkung einer Restschuldbefreiung nicht erfasst werden. So würde der Mandant z.B. von der Geldstrafe gemäß § 302 Nr. 2 InsO selbst dann nicht befreit, wenn im Übrigen Restschuldbefreiung gewährt würde.
Nach § 302 Nr. 1 InsO sind vor allem solche Verbindlichkeiten von der Restschuldbefreiung ausgenommen, die aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung herrühren. Selbst wenn der Steueranspruch auf eine Steuerhinterziehung nach § 370 AO zurückzuführen sein sollte, beruht er im Ergebnis aber nicht auf einer unerlaubten Handlung des Steuerschuldners, sondern auf der Verwirklichung eines steuerrechtlichen Tatbestandes, an den das Gesetz eine Zahlungspflicht knüpft (§ 38 AO; BFH 19.8.08, VII R 6/07, PStR 08, 273). Mit anderen Worten: Die Steuer wäre auch ohne Hinterziehung zu zahlen gewesen. Diese Entscheidung des BFH steht im Einklang mit der insolvenzrechtlichen Kommentarliteratur und der Auffassung des BGH.
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