27.04.2010 | Der Steuerberater fragt, der Steuerstrafverteidiger antwortet
Wertersatzverfall und dinglicher Arrest
von RA Dirk Aue, Jarosch & Partner, Düsseldorf
Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hat die Ermittlungsbehörde die Möglichkeit, durch vorläufige Maßnahmen sicherzustellen, dass dem Täter die Vorteile aus der Tat entzogen oder dem Verletzten Rückgewinnungshilfe geleistet werden kann. Als Besonderheit des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens werden diese Möglichkeiten noch durch die Instrumentarien der AO zur Sicherung von Steueransprüchen ergänzt.
Frage des Steuerberaters |
Gegen meinen Mandanten wird wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt. Nach den Feststellungen der Fahndungsprüfung wurde die Kassenführung wegen Unregelmäßigkeiten verworfen und ein Mehrergebnis geschätzt. Muss mein Mandant befürchten, dass schon vor der zu erwartenden Steuerfestsetzung auf seine Konten zugegriffen wird? Wie sieht es mit seinem im Schließfach deponierten Bargeld aus? |
Antwort des Verteidigers
Die frühzeitige Sicherstellung des Ausgleichs eines möglicherweise entstandenen Steuerschadens kollidiert naturgemäß mit den Eigentumsrechten des Beschuldigten. Diesem Interessenwiderstreit wird dadurch Rechnung getragen, dass der Gesetzgeber vorläufige Sicherungsmaßnahmen sowohl im Strafverfahren als auch Abgabenrecht unter einschränkende Voraussetzungen gestellt hat. Schon vor der Steuerfestsetzung kann die Finanzbehörde einen dinglichen Arrest anordnen, wenn zu befürchten ist, dass ansonsten die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert würde (§ 324 Abs. 1 AO). Die Anordnungsvoraussetzungen sind allerdings enger als im Strafverfahren, da verlangt wird, dass der Steueranspruch feststeht oder zumindest hinreichend wahrscheinlich ist (BFH 26.02.01, VII B 265/00, BStBl II 01, 464; auch FG München 2.3.09, 7 K 4374/06, EFG 09, 949).
In §§ 111b ff. StPO sind vorläufige Maßnahmen zur Sicherung des strafrechtlichen Verfalls geregelt, die lediglich einen einfachen Anfangsverdacht erfordern. Der in den §§ 73 ff. StGB geregelte Verfall wird vom Gericht im Urteil für das angeordnet, was der Täter aus der Tat erlangt hat. Durch den Verfall sollen dem Täter die Früchte der Tat entzogen werden („Gewinnabschöpfung“). Da bei der Steuerhinterziehung aber kein bestimmter Gegenstand aus der Tat erlangt wird, sieht § 73a StGB die Möglichkeit vor, den Verfall eines Geldbetrags anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht. Ein solcher Wertersatzverfall kann als vorläufige Maßnahme durch einen dinglichen Arrest gemäß § 111b Abs. 2 StPO, § 111d StPO gesichert werden. Verfall und Wertersatzverfall können allerdings nicht angeordnet werden, wenn der Verletzte über Ansprüche aus der Tat verfügt, deren Erfüllung dem Täter das aus der Tat Erlangte entziehen würde (§ 73 Abs. 1 S. 2 StGB). Der Täter soll also nur einmal herangezogen werden und nicht sowohl vom Verletzten als auch vom Staat. Früher war insofern umstritten, ob der Fiskus Verletzter i.S. des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB sein konnte. Immerhin erwachsen ihm bei einer Steuerhinterziehung die Steueransprüche nicht aus der Tat, sondern beruhen auf eigenen steuerlichen Entstehungstatbeständen. Der BGH hat den Streit mit seiner Entscheidung vom 28.11.00 (5 StR 371/00, PStR 01, 6) beendet und unter Verweis auf den Grundgedanken der Regelung entschieden, dass bei einer Steuerhinterziehung auch der Steuerfiskus Verletzter i.S. des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB ist. Eine Verfallsanordnung scheidet bei der Steuerhinterziehung damit regelmäßig aus.
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