Frage | Antwort | 1.Welche allgemeinen inhaltlichenAnforderungen sind an die Durchsuchungsanordnung zu stellen? | Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist es Aufgabe und Pflicht des Richters, sich eigenverantwortlich ein Urteil zu bilden und nicht etwa nur die Anträge der StA nach einer pauschalen Überprüfung gegenzuzeichnen. Zur richterlichen Einzelentscheidung gehören eine sorgfältige Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen und eine umfassende Abwägung zur Feststellung der Angemessenheit des Eingriffs im konkreten Fall. Schematisch vorgenommene Anordnungen vertragen sich mit dieser Aufgabe nicht (vgl. PStR 04, 176, Abruf-Nr. 041868; ähnlich in NStZ-RR 04, 143; StV 02, 345; StV 02, 406; NStZ-RR 02, 172). Praxishinweis: Die richterliche Durchsuchungsanordnung ist keine bloße Formsache. | 2.Wie muss der Tatvorwurf allgemein beschrieben werden? | Die Durchsuchungsanordnung muss insbesondere den Tatvorwurf so beschreiben, dass der äußere Rahmen der Maßnahme abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist (vgl. BVerfGE 103, 142, 151 m.w.N.; BVerfG 8.4.04, 2 BvR 1821/03 m.w.N.; zuletzt BVerfG 1.2.05, 1 BvR 2019/05). | 3.Was gilt im Einzelnen? | Die aufzuklärende Straftat muss, wenn auch kurz, aber doch so genau umschrieben werden, wie es nach den Umständen des Einzelfalls – schon – möglich ist (PStR 04, 28). Das bedeutet: - Auch ein Vergehen reicht als Grundlage für eine Durchsuchungsanordnung aus (BVerfG PStR 05, 80, Abruf-Nr. 050606).
- Nicht ausreichend sind bloße Schlagworte, ohne dass vorhandene tatsächliche Angaben über die aufzuklärenden Straftaten angeführt werden (BVerfG NJW 97, 2165; OLG Hamm PStR 01, 95). Das BVerfG spricht von einem „greifbaren Tatverdacht“ (BVerfGE 59, 95, 97 f.).
- Der dringende Tatverdacht i.S. des § 152 StPO muss eine Tatsachengrundlage haben (BVerfG NStZ-RR 04, 143; vgl. auch PStR 04, 218).
- Nicht ausreichend sind bloße Vermutungen (BVerfG 20.2.01, NJW 01,1121).
- Erforderlich ist die Beschreibung eines konkreten Tatgeschehens (BVerfG StV 03, 203, 204), aus dem der Betroffene entnehmen kann, was ihm vorgeworfen wird (allgemein dazu BVerfG NJW 01, 1121; StV 03, 2005; StraFo 04, 413; vgl. aber NStZ 04, 160 und BVerfG 19.7.04, 2 BvR 868/04).
- Die Durchsuchung kann auch auf die Erkenntnisse einer Telefonüberwachung gestützt werden (BVerfG 15.12.04, PA 05, 71).
Praxishinweis: Ein unzulässiger Eingriff in das Wohnungsgrundrecht nach Art. 13 GG liegt im Übrigen nicht schon dann vor, wenn eine Durchsuchungsanordnung auf Befundtatsachen gestützt wird, die den Strafverfolgungsbehörden bereits neun Monate zuvor bekannt waren. Die Rechtsprechung des BVerfG, nach der nach einem halben Jahr von einer einmal erteilten Durchsuchungsanordnung nicht mehr Gebrauch gemacht werden darf, ist auf eine solche Fallkonstellation nicht übertragbar (BVerfG 15.12.04, PA 05, 71; vgl. dazu allgemein BVerfG NJW 97, 2165). | 4.Gilt das auch für Steuerdelikte? | Ja, das gilt auch für Steuerdelikte (BVerfG PStR 02, 166, Abruf-Nr. 020767 = NJW 02, 1941; vgl. auch BVerfG 29.11.04, PStR 05, 80, Abruf-Nr. 050606 und LG Berlin wistra 04, 319). Praxishinweis: Allein die Angabe „Steuerhinterziehung“ im Durchsuchungsbeschluss reicht nicht (BVerfG PStR 04, 176; StV 00, 465 f.). Etwas anderes gilt für den Fall, dass die Durchsuchung in der Hauptverhandlung in Anwesenheit aller an der Maßnahme Beteiligter angeordnet wird (BVerfG 29.11.04, PStR 05, 80, Abruf-Nr. 050606). | 5.Welche Einzelangaben sind im Steuerstrafverfahren erforderlich? | Erforderlich sind Angaben zu den betroffenen Steuerarten und zu den Veranlagungszeiträumen (BVerfG PStR 04, 176, Abruf-Nr. 041868; StV 00, 465 f.). Auch genügt nicht lediglich die Mitteilung des Umstandes der Inhaberschaft von Tafelpapieren und deren Einlieferung zur Verwahrung in ein Depot (BVerfG PStR 04, 176 unter Hinweis auf BFH NJW 00, 3157). Etwas anderes kann allerdings gelten, wenn zusätzliche Hinweise auf anonymisierte Geldüberweisungen ins Ausland vorliegen (BVerfG NStZ 02, 371; zu Tafelgeschäften vgl. Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 2003, Rn. 536 m.w.N.). Praxishinweis: Gerade auch in Steuerstrafverfahren muss der Anfangsverdacht als Grundlage der Durchsuchungsmaßnahme bereits bei deren Erlass vorliegen. Es reicht nicht, wenn die erforderlichen Hinweise auf anonymisierte Überweisungen erst während der Durchsuchung gefunden werden und dann damit erst der Anfangsverdacht begründet ist. | 6.Welche sonstigen Angaben muss die Durchsuchungsanordnung enthalten? | Die Durchsuchungsanordnung muss über die Beschreibung des Tatvorwurfs hinaus grundsätzlich auch die Art und den vorgestellten Inhalt derjenigen Beweismittel, nach denen gesucht werden soll, bezeichnen (zuletzt BVerfG 8.4.04, StraFo 04, 413). | 7.Wie müssen die Beweismittel bezeichnet werden? | Die Beweismittel müssen soweit konkretisiert werden, dass weder beim Betroffenen noch bei den die Durchsuchung vollziehenden Beamten Zweifel über die zu suchenden Gegenstände entstehen können (BVerfG NStZ-RR 02, 172; BGH NStZ 02, 215). | 8.Wie müssen die Beweismittel konkretisiert werden? | Grds. können die Beweismittel der Gattung nach bezeichnet werden (BGH NStZ 00, 154 m.w.N.). Es reicht aber nicht, wenn sie etwa nur mit „sämtliche Unterlagen“ bezeichnet oder bloß allgemeine Angaben gemacht werden (LG Chemnitz PStR 99, 149). Der Durchsuchungsbeschluss muss schon angeben, bzw. es muss erkennbar sein, in welcher Beziehung die Unterlagen zu dem erhobenen Vorwurf stehen (LG Berlin StV 04, 319 f.). Praxishinweis: Es kann aber auch ausreichen, wenn sich aus den Gründen des Durchsuchungsbeschlusses unzweifelhaft ergibt, welche Unterlagen als Beweismittel von Bedeutung sind (LG Ulm PStR 02, 53). | |