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  • 01.08.2005 | Haftung

    BGH zur Haftung des Geschäftsführers

    von RA / StB Julian Ott, Berlin

    Der 2. Zivilsenat des BGH schärft in einer aktuellen Entscheidung die Konturen der zivilrechtlichen Haftung des Geschäftsführers bei Nichtabführung von Beiträgen an Sozialversicherungsträger in Insolvenzfällen (BGH 18.04.05, II ZR 61/03, Abruf-Nr. 051594). Das Urteil befasst sich mit der Darlegungslast zur Unmöglichkeit normgemäßen Verhaltens sowie mit der Kausalität für den Schaden bei rechtmäßigem Alternativverhalten. 

    1. Sachverhalt

    Der Beklagte wurde als Geschäftsführer einer insolventen GmbH von einer Innungskrankenkasse auf Schadenersatz für nicht abgeführte Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung in Anspruch genommen. Gegen ihn war in einem anderen Verfahren ein bestandskräftiger Strafbefehl wegen Insolvenzverschleppung ergangen. Im Zivilverfahren berief sich der Geschäftsführer darauf, ihm sei die Abführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zu drei Fälligkeitszeitpunkten unmöglich gewesen. Die GmbH habe noch nicht einmal die Löhne der Arbeitnehmer auszahlen können. Er berief sich außerdem darauf, dass der Insolvenzverwalter eine etwa geleistete Zahlung ohnehin hätte anfechten können. 

    2. Entscheidungsgründe

    Der BGH begründet die Aufhebung des Urteils damit, dass der Geschäftsführer nicht haftet, soweit ihm die Abführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung zum Fälligkeitszeitpunkt mangels verfügbarer Mittel nicht möglich war. Darlegungs- und Beweispflicht liege bei der Krankenkasse als Anspruchstellerin. Hierzu wurde folgender Leitsatz aufgestellt:  

     

    Leitsatz 1

    Für die Unmöglichkeit normgemäßen Verhaltens ist im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB der Anspruchsteller darlegungs- und beweispflichtig. An die Erfüllung der grundsätzlich bestehenden sekundären Darlegungslast des Geschäftsführers einer GmbH dürfen keine diese Verteilung der Vortragslast umkehrenden Anforderungen gestellt werden. Eine besondere Dokumentationspflicht zur Abwehr einer möglichen Haftung nach diesen Vorschriften besteht nicht. Auch die Verletzung der Insolvenzantragspflicht erhöht die sekundäre Darlegungslast des Geschäftsführers nicht. 

     

    Zur Erfüllung der Darlegungslast wurde der „ins Blaue hinein“ formulierte Vortrag der Krankenkasse, die Insolvenzschuldnerin sei zahlungsfähig gewesen und habe an andere Gläubiger Zahlungen erbracht, als nicht ausreichend erachtet. Demgegenüber hatte der sekundär darlegungsbelastete Geschäftsführer vorgetragen, dass die Insolvenzschuldnerin über keine Mittel mehr verfügte, den Kreditrahmen bei der Hausbank überzogen hatte, von der Alleingesellschafterin auf Grund einer eigenen finanzieller Schieflage nicht nur keine Geldmittel erhalten konnte, sondern sogar einem Rückzahlungsverlangen von Darlehen ausgesetzt war und nicht einmal im Stande war, auch nur einen Teil der Arbeitslöhne auszuzahlen. Im Interesse eines fairen Verfahrens erfolgte eine Aufhebung mit Zurückverweisung an die Vorinstanz, um der Krankenkasse die Möglichkeit zu geben, ihrer Darlegungslast genüge zu tun.