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  • 01.10.2005 | Mitteilungen des FA

    Auskünfte an Gewerbebehörden bei gewerberechtlicher Unzuverlässigkeit

    von OAR Dipl.-Finw. Michael Braun, Korb

    Nach § 35 Gewerbeordnung sind die Gewerbebehörden verpflichtet, die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn der Gewerbetreibende gewerberechtlich unzuverlässig ist. Diese Unzuverlässigkeit kann auch aus steuerlichen Gründen bestehen (BMF 17.12.04, IV A 4 - S 0130 - 113/04, Abruf-Nr. 052502). 

     

    Checkliste: In welchen Fällen erfolgt eine Meldung an die Gewerbebehörden?

    Frage 

    Antwort 

    1.Kann das Steuergeheimnis die Meldung verhindern? 

    Eine Offenbarung von Tatsachen, die die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit betreffen, ist zulässig, wenn ein zwingendes öffentliches Interesse vorliegt (§ 30 Abs. 4 Nr. 5 AO). Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn es sich um Steuern handelt, die durch die gewerbliche Tätigkeit ausgelöst wurden, also insbesondere bei LSt und USt – bei Personensteuern (ESt) nur, soweit sie durch die gewerbliche Tätigkeit veranlasst sind. Liegen Anhaltspunkte vor, dass der Steuerpflichtige auf Grund wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit unzuverlässig ist oder sein könnte, liegt hinsichtlich der Personensteuern ebenfalls ein zwingendes öffentliches Interesse vor. 

    2.Führt jede Verletzung steuerlicher Pflichten zur Unzuverlässigkeit? 

    Nein, es muss sich um erhebliche Verstöße handeln. Aus dem Verhalten des Steuerpflichtigen muss geschlossen werden können, dass er nicht willens oder nicht fähig ist, seine öffentlichen Berufspflichten zu erfüllen. 

    3.Welche Kriterien sprechen für eine Unzuverlässigkeit? 

    • Werden die Steuererklärungen trotz Mahnung hartnäckig über einen längeren Zeitraum nicht abgegeben, so spricht dies für Unzuverlässigkeit. Der Nichtabgabe von LSt-Anmeldungen und USt-Voranmeldungen kommt in diesem Zusammenhang besonderes Gewicht zu.

     

    • Hat der Steuerpflichtige erhebliche (mehr als 5.000 EUR) Steuerrückstände oder handelt es sich bei den Rückständen ganz oder teilweise um mehrfach nicht abgeführte Steuerabzugsbeträge (insbesondere LSt), so ist die Unzuverlässigkeit in der Regel gegeben. Ein ständig schleppender Zahlungseingang kann auch bei verhältnismäßig geringen Steuerrückständen zur Unzuverlässigkeit führen, während dies bei einer einmaligen hohen Abschlusszahlung nicht der Fall ist.

     

    Voraussetzung für die Einleitung eines Untersagungsverfahrens ist natürlich ein erfolgloser Vollstreckungsversuch des FA.

     

    • Bei der Beurteilung spielt selbstverständlich das Verhalten des Steuerpflichtigen gegenüber der Finanzverwaltung eine erhebliche Rolle: ist er offensichtlich nicht willens, seine Verpflichtungen zu erfüllen, ist er unzuverlässig.

     

    Aber auch eine unverschuldet eingetretene Notlage, die zu wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit führt, kann Unzuverlässigkeit begründen. Schuldhaftes oder unredliches Verhalten sind nicht Voraussetzung. Es genügt, dass der Gewerbetreibende objektiv nicht in der Lage ist, seinen steuerlichen Zahlungspflichten nachzukommen.

     

    • Steuerliche Straf- oder Bußgeldverfahren, die in Zusammenhang mit einer gewerblichen Betätigung stehen, sind wichtige Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit.

     

    Die FÄ sind nach Nr. 141 Abs. 1 a der Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (AStBV St) verpflichtet, rechtskräftige Verurteilungen wegen Steuerstraftaten und rechtskräftige Bußgeldbescheide zu melden, sofern sie so schwerwiegend sind, dass sich aus ihnen allein eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit ergibt.

    4.Kann die Gewerbebehörde beim FA anfragen? 

    Ergeben sich im Verwaltungsverfahren der Gewerbebehörde Anhaltspunkte für eine Verletzung steuerrechtlicher Pflichten (weil z.B. der Gewerbetreibende Sozialversicherungsbeiträge nicht abführt), so bitten diese beim FA um Auskunft. Das FA darf die Auskunft nur erteilen, wenn der Gewerbetreibende selbst zustimmt oder die Erteilung im zwingenden öffentlichen Interesse liegt. 

    5. Kann das FA von sich aus auf die Gewerbebehörde zugehen? 

    Ja, das FA ist befugt, bei der Gewerbebehörde die Rücknahme oder den Widerruf einer gewerberechtlichen Erlaubnis oder die Untersagung eines Gewerbes anzuregen. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein: 

     

    • Das Besteuerungsverfahren kann nicht mit weniger harten Maßnahmen gefördert werden (Zwangsgelder, Schätzungen, Zwangsvollstreckung etc.).

     

    • Die Pflichtverstöße des Steuerpflichtigen oder die Höhe seiner Rückstände wiegen so schwer, dass die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Betätigung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten entzogen werden muss.

     

    • Das zwingende öffentliche Interesse wird bejaht (siehe Tz. 1).

    6. Was geschieht während eines Insolvenzverfahrens? 

    Während eines Insolvenzverfahrens, während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 der Insolvenzordnung) darf ein Gewerbeuntersagungsverfahren nicht durchgeführt werden (§ 12 GewO). 

     

     

    Quelle: Ausgabe 10 / 2005 | Seite 245 | ID 90276