29.10.2008 | Schätzung
Prostitution: Schätzung der Einkünfte war zulässig
Ist nach den Gesamtumständen eindeutig nachgewiesen, dass die Steuerpflichtige der Prostitution nachgeht und ist keine andere Einkunftsquelle ersichtlich, so können die Betriebseinnahmen anhand der Bar- und Scheckeinzahlungen geschätzt werden (OLG Hamm 20.5.08, 3 Ss 179/08, Abruf-Nr. 083030). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Das LG hatte festgestellt, dass die Steuerpflichtige Einnahmen aus der Tätigkeit als Prostituierte erzielt hatte, die sie nicht versteuerte. Das Girokonto der Beschuldigten wies Bar- und Scheckeinzahlungen in der Größenordnung von bis zu 50.000 EUR jährlich auf. Aufgrund von Zeugenaussagen sowie der von der Beschuldigten betriebenen Website mit eindeutigem Inhalt schloss das LG – mangels Hinweis auf andere Einkunftsquellen – auf die entgeltliche Tätigkeit der Angeklagten als Prostituierte. Trotz einiger Lücken in der Beweisführung sah das OLG den Schuldspruch als nicht gefährdet an.
Praxishinweis
Begründet war die Revision jedoch hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs. Das OLG hielt die – grundsätzlich zulässige – Schätzung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Täterin für unzureichend, denn das LG hatte die genaue Höhe der hinterzogenen Steuern nicht rechtsfehlerfrei dargelegt. Der Tatrichter darf in Schätzungsfällen auf Betriebsprüfungs- und Steuerfahndungsberichte verweisen, vorausgesetzt er ist von der Richtigkeit – unter Berücksichtigung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze – überzeugt (BGH NStZ-RR 05, 209, 211; wistra 01, 308, 309); er muss aber in jedem Fall begründen, wie er zu den Schätzungsergebnissen gelangt ist.(MB)