22.11.2010 | SchwarzArbG
Kein starres Umsatz-Lohn-Verhältnis bei der Beschäftigung illegaler Arbeitnehmer
von RA Dr. Carsten Wegner, FA StrR, Krause Lammer Wattenberg, Berlin
Der Beweis, der Geschäftsführer einer GmbH habe in einem bestimmten Zeitraum Arbeitnehmer ohne Anmeldung zur Sozialversicherung gegen Entgelt beschäftigt, kann nicht allein auf der Grundlage des Vortrags geführt werden, im Bereich des lohnintensiven Baugewerbes liege der Lohnkostenanteil bei 60 % bis 70 % des Nettoumsatzes (OLG Frankfurt 5.5.10, 4 U 214/09, Abruf-Nr. 102929). |
Sachverhalt
Die Klägerin nimmt als Einzugsstelle für Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung den Beklagten auf Schadenersatz in Anspruch, weil er als Geschäftsführer der inzwischen aufgelösten A-GmbH Arbeitnehmer nicht gemeldet und Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung von mehr als 360.000 EUR nicht abgeführt habe.
Das LG hatte der Klage nach § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 266a StGB stattgegeben: Es sei davon auszugehen, dass „der Beklagte weitere Mitarbeiter beschäftigte, die er nicht anmeldete“, denn der Beklagte habe die entsprechende Behauptung der Klägerin „zu wenig qualifiziert“ bestritten. Die Höhe des Schadens könne anhand der erzielten Umsätze geschätzt werden, weil der Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt habe und nach § 28f Abs. 2 SGB IV der prüfende Träger der Rentenversicherung dann die Beiträge schätzen dürfe.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten war weitgehend erfolgreich, denn nach Ansicht des OLG habe nicht festgestellt werden können, dass für die A-GmbH im Jahr 2002 Arbeitnehmer ohne Anmeldung in einem Umfang beschäftigt waren, wie die Klägerin dies behauptet. Eine hinreichend sichere Feststellung über die Beschäftigung von nicht angemeldeten Arbeitnehmern ist nach Ansicht des OLG nicht auf der Grundlage des von der A-GmbH im Jahr 2002 erzielten Nettoumsatzes in Verbindung mit der gegebenenfalls zu beweisenden Behauptung möglich, dass sich in der beschlagnahmten Buchhaltung der A-GmbH keine Hinweise auf „Fremdrechnungen“ für den Bezug der Leistungen durch Dritte fänden. Zwar könne die Behauptung, es seien nicht gemeldete Arbeitnehmer beschäftigt worden, grundsätzlich auch im Wege eines Indizienbeweises bewiesen werden. Im Streitfall lasse sich jedoch kein hinreichender Schluss auf die tatsächliche Beschäftigung von nicht angemeldeten Arbeitnehmern ziehen.
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