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  • 01.09.2006 | Sozialversicherungsabgaben

    Am Rande: Strafbarkeit des arbeitsrechtlichen „Bündnis für Arbeit“ nach § 266a StGB

    von RA Jürgen Wolsfeld, Neuss

    Das Thema „Bündnis für Arbeit“ ist in aller Munde. Die Tariföffnungsklauseln ermöglichen den Abschluss betrieblicher Bündnisse für Arbeit aber nur mit Zustimmung der Gewerkschaften. Grundsätzlich können auch Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Nur wenn diese durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, wird die Regelungsbefugnis dadurch eingeschränkt. Entsprechende Vereinbarungen sind schlicht unwirksam. Diese Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG versucht man zu umgehen, indem ein solches Bündnis durch formlose Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erfolgt. 

     

    Beispiel

    Ein tarifvertraglich gebundener Arbeitgeber vereinbart im Februar 2005 wegen erheblicher Umsatzeinbußen mit dem Betriebsrat einen Verzicht der Arbeitnehmer für die Weihnachtsgratifikation. Der Arbeitgeber verzichtet im Gegenzug für die nächsten zwei Jahre auf betriebsbedingte Kündigungen. Der Tarifvertrag sieht eine Weihnachtsgratifikation i.H. von einem Bruttomonatsgehalt vor. Nach Abschluss dieser Vereinbarung mit dem Betriebsrat werden die Einzelarbeitsverträge mit allen Belegschaftsmitgliedern einvernehmlich geändert. Der gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter A erhält keine Weihnachtsgratifikation, entsprechend erhält auch der Sozialversicherungsträger keine Abgabe für diesen Betrag. 

     

    Das Bundesarbeitsgericht (BAG) sieht in solchen Regelungen bei tarifgebundenen Gewerkschaftsmitgliedern einen Eingriff in die kollektive Koalitionsfreiheit der Tarifparteien nach Art. 9 Abs. 3 GG, wenn – wie im Regelfall – die Verdrängung normativ geltender Tarifbestimmungen beabsichtigt ist (BAG 20.4.99, 1 ABR 72/98). Demnach ist die arbeitsvertragliche Regelung unwirksam. Eine Überprüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 266a StGB liegt nahe. 

     

    Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt ist seit dem 1.8.86 als eigener Tatbestand nach § 266a StGB strafbewährt. Vom Straftatbestand geschützte Sozialversicherungsbeiträge sind die Arbeitnehmeranteile zur Kranken-, Pflege-, Renten und Arbeitslosenversicherung (§ 28d SGB IV). Erfasst wird nur der Arbeitnehmeranteil. Das Vorenthalten besteht, anders als vor Übernahme von § 266a in das StGB, in der Nichtzahlung fälliger Beträge. Fällig sind die Sozialabgaben, soweit der Anspruch entstanden ist (§ 23 Abs. 1 S. 1 SGB IV), unabhängig davon, ob es tatsächlich zu einer Nettolohnauszahlung an den Arbeitnehmer kommt. Die Beträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder es als ausgeübt gilt, fällig. Maßgeblich für die Bemessung der Beträge ist allein das vom Arbeitgeber geschuldete Entgelt. Auf Grund der unwirksamen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber, Betriebsrat und Arbeitnehmer wird das Entgelt trotz anderslautender Regelung geschuldet. Führt der Arbeitgeber die Sozialabgaben auf den „verzichteten“ Entgeltanspruch nicht ab, ist dies demnach nach § 266a StGB objektiv strafbewährt. 

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