27.04.2010 | Steuerhehlerei
§ 19 S. 3 TabStG: Schuldumfang und Strafzumessung bei § 374 AO
von RD Stefan Rolletschke, Alfter/Köln
Erklärungspflichtiger Empfänger i.S. des § 19 S. 3 TabStG kann nur sein, wer den Besitz an den Tabakwaren vor Beendigung des Verbringungs- oder Versendungsvorgangs erlangt hat. Der Schuldumfang einer Steuerhehlerei umfasst zwar alle - auch im Ausland - verkürzten Einfuhrangaben und Verbrauchsteuern. Bei der Strafzumessung haben ausländische Verbrauchsteuern aber außer Betracht zu bleiben (BGH 22.2.10, 1 StR 635/09, Abruf-Nr. 101201). |
Sachverhalt
Die Angeklagte erwarb in sechs Fällen Zigaretten von W bzw. von Personen, die einer Tätergruppe um W angehörten. Die Zigaretten waren zunächst aus Russland und der Ukraine unter Verstoß gegen die Gestellungspflicht (Art. 40 ZK) von anderen nach Polen verbracht und dort zur Vorbereitung des Weitertransports gelagert worden. Im Anschluss wurden sie von der Tätergruppe um W übernommen und entgegen § 12 Abs. 1 TabStG ohne deutsche Steuerzeichen nach Deutschland verbracht. Die Verbringer der Zigaretten unterließen, in Deutschland unverzüglich eine Steuererklärung gemäß § 19 S. 3 TabStG abzugeben. Die Zigaretten wurden bis zum Weiterverkauf in einer Lagerhalle, die allein durch W genutzt und verwaltet wurde, gelagert. In einem weiteren Fall unterstützte die Angeklagte den W bei der Anlieferung von Zigaretten in einem Zwischenlager. Das LG verurteilte wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei und wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen sowie wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Steuerhehlerei und zur Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe.
Entscheidungsgründe
Die Revision war hinsichtlich der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung erfolgreich. Nach Ansicht des BGH ist der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht erfüllt. Die Angeklagte sei nicht gemäß § 19 S. 3 TabStG verpflichtet gewesen, unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben. Nach § 19 S. 1 TabStG entstehe die TabSt mit dem Verbringen oder Versenden in das Steuergebiet, wenn Tabakwaren unzulässigerweise entgegen § 12 Abs. 1 TabStG aus dem freien Verkehr anderer EG-Mitgliedstaaten zu gewerblichen Zwecken in das Staatsgebiets Deutschlands verbracht oder versandt werden. Erklärungspflichtiger Steuerschuldner (§ 19 S. 3 TabStG) sei, wer verbringt oder versendet und der Empfänger, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt hat. Die Angeklagte sei indes weder Verbringer oder Versender noch Empfängerin der vorschriftswidrig in das Steuergebiet verbrachten Tabakwaren i.S. von § 19 S. 2 TabStG gewesen.
Empfänger könne nicht sein, wer den Besitz an den Tabakwaren erst dann erlangt, wenn der Verbringungs- oder Versendungsvorgang bereits beendet ist, also die Tabakwaren in Sicherheit gebracht und „zur Ruhe gekommen“ sind. Dies sei wiederum dann der Fall, wenn die Tabakwaren die „gefährliche“ Phase des Grenzübertritts passiert haben und der Verbringer bzw. Versender sein Unternehmen insgesamt erfolgreich abgeschlossen hat, die Tabakwaren ihren Bestimmungsort also erreicht haben. Nach diesen Grundsätzen kämen allein W und die Personen, die seiner Tätergruppe angehören, als Empfänger in Betracht. Diese Personen hatten die Zigaretten in der Lagerhalle in Empfang genommen, wodurch die Zigaretten bestimmungsgemäß zur Ruhe gekommen seien. Der Weiterverkauf der Zigaretten an die Angeklagte sei nicht mehr Teil des Verbringungsvorgangs gewesen.
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