24.07.2008 | Steuerhinterziehung
Fluchtgefahr bei zwei Steuerstrafverfahren
Die Frage, ob Fluchtgefahr vorliegt oder nicht, erfordert eine sorgfältige Berücksichtigung aller Umstände des Falles. Dem wird nicht gerecht, wenn wesentliche, gegen die Fluchtgefahr sprechende Umstände nicht hinreichend gewürdigt werden (OLG Hamm 28.2.08, 2 Ws 48/08, Abruf-Nr. 081870). |
Sachverhalt
Gegen A wird wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung (2000 bis 2004) ermittelt. Er soll Lizenzaufwendungen i.H. von 1,2 Mio. EUR gewinnmindernd als Betriebsausgaben geltend gemacht haben; tatsächlich soll es sich um dem A zuzurechnende verdeckte Gewinnausschüttungen handeln. Wegen des gleichen Vorwurfs (1995 bis 1999) wurde A bereits zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision wurde vom BGH verworfen (24.5.07, PStR 07, 249, Abruf-Nr. 073093). Hiergegen wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt, über die noch nicht entschieden ist. Am 27.8.07 erließ das AG wegen Steuerhinterziehung (2000 bis 2004) einen Haftbefehl, der am 1.10.07 außer Vollzug gesetzt wurde. Inzwischen wird die Gesamtfreiheitsstrafe aus dem ersten Verfahren vollstreckt, nachdem ein Antrag, Vollstreckungsaufschub zu gewähren, abgelehnt worden war.
Entscheidungsgründe
Die gegen den Haftbefehl gerichtete Beschwerde war erfolgreich. Nach Ansicht des Senats besteht keine Fluchtgefahr i.S. von § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Fluchtgefahr besteht nach allgemeiner Meinung, wenn bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, die sich aus bestimmten Tatsachen ergeben müssen, eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Annahme spricht, der Beschuldigte werde sich dem Strafverfahren entziehen, als für die Erwartung, er werde sich ihm zur Verfügung halten (Meyer-Goßner, StPO, § 112 Rn. 22 m.w.N.). Die Frage, ob Fluchtgefahr vorliegt oder nicht, erfordere die sorgfältige Berücksichtigung aller Umstände des Falles. Dem werde man nur gerecht, wenn wesentliche, gegen die Fluchtgefahr sprechende Umstände hinreichend gewürdigt werden.
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