27.05.2009 | Steuerhinterziehung
Geld im Ausland: „Gefühlte“ Steuerhinterziehung?
Die Feststellung einer Steuerhinterziehung darf - anders als eine Schätzung von Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO - nicht auf die Verletzung von Mitwirkungspflichten gestützt werden (FG Köln 22.1.09, 10 K 398/08, Abruf-Nr. 091614). |
Sachverhalt
Im November 1995 wurde der Kläger wegen Steuerhinterziehung anonym angezeigt. Anfang 1996 erging vor dem Hintergrund des vermuteten Auslandsvermögens des Klägers ein Haftbefehl wegen Fluchtgefahr. Aufgrund eines Zwischenberichts der Steufa über erhebliche Provisionszahlungen auf Auslandskonten erließ das FA im März 1996 Änderungsbescheide. Der Zwischenbericht enthielt allerdings inhaltlich kaum konkrete Angaben; er war äußerst knapp gehalten und offensichtlich in größter Eile gefertigt worden, um eine Vollstreckungsmöglichkeit zu schaffen und die Fluchtgefahr zu begründen. Im Vorfeld der Hauptverhandlung räumte der Beschuldigte ein, Provisionen auf ein (Auslands-)Konto erhalten zu haben, ohne dass er dabei eine konkrete Höhe nannte; im Gegenzug erfolgte eine Verständigung auf eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.
Entscheidungsgründe und Praxishinweis
Nach Ansicht des FG hat das FA zu Recht die Hinterziehung von Kapitaleinkünften angenommen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die zehnjährige Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 S. 2 AO vom Vorliegen des Hinterziehungstatbestands abhängt. Dies erfordert, dass das FG nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon überzeugt ist (§ 96 Abs. 1 S. 1 FGO), das sowohl die subjektiven wie objektiven Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Auch im Besteuerungs- und Finanzgerichtsverfahren ist der strafverfahrensrechtliche Grundsatz „in dubio pro reo" zu beachten, weil die Finanzbehörde im finanzgerichtlichen Verfahren die objektive Beweislast (Feststellungslast) für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt. Deshalb ist die Feststellung einer Steuerhinterziehung im Schätzungswege mittels reduziertem Beweismaß bei nicht behebbaren Zweifeln unzulässig (BFH 7.11.06, VIII R 81/04, BStBl II 07, 364).
Daraus folgt, dass die Feststellung der Steuerhinterziehung durch den Steuerpflichtigen nicht auf die Verletzung von Mitwirkungspflichten gestützt werden darf; das gilt auch für die erweiterte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten gemäß § 90 Abs. 2 AO (24.1.08, VIII B 163/06, BFH/NV 08, 1099). Insbesondere kann der Vorsatz der Steuerhinterziehung nicht bereits deshalb angenommen werden, weil ein Steuerpflichtiger Geldbeträge im Ausland angelegt hat. Das bedeutet, dass die konkret hinterzogenen Beträge im Einzelnen festzustellen sind - ohne Sicherheitszuschläge. Der abweichenden Auffassung des BFH zur Minderung des erforderlichen Beweismaßes im Falle der Verletzung von Mitwirkungspflichten (BFH 2.7.98, IV R 39/97, BStBl II 99, 28) folgt der erkennende Senat nicht. (FG)
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