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  • 25.05.2010 | Steuerhinterziehung

    Keine Hinterziehungszinsen auf geschätzter Besteuerungsgrundlage

    von RA Dr. Philipp Gehrmann, Berlin

    Steht die Steuerhinterziehung bei hinzu geschätztem Kapitalvermögen nicht mit der notwendigen strafprozessualen Gewissheit fest, sind für das hinzugeschätzte Kapitalvermögen keine Hinterziehungszinsen festzusetzen. Das gilt auch, wenn der Steuerschuldner nicht in dem für das Besteuerungsverfahren zu fordernden Umfang bei der Sachverhaltsaufklärung mitgewirkt hat (FG München 8.10.09, 15 K 1779/06, Abruf-Nr. 101196).

     

    Sachverhalt

    K hat zwischen 1989 und 1997 ESt-Erklärungen abgegeben, die keine oder zu niedrige Angaben über Kapitaleinnahmen enthielten. VSt-Erklärungen gab K für den Zeitraum gar nicht ab. Finanzbehördliche Ermittlungen förderten bislang unbekannte Kapitalanlagen zu Tage, woraufhin ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet wurde. Das nachweisbare Kapitalvermögen wurde auf Grundlage der vorgefundenen Unterlagen ermittelt. K wirkte bei der vollständigen Aufklärung des Sachverhalts nicht mit, weshalb der Fahndungsprüfer den Kapitalstock schätzte und für die Folgejahre die bankübliche Verzinsung annahm. In entsprechender Höhe wurde nachträglich auch die Vermögensteuer festgesetzt. K wurde wegen hinterzogener ESt verurteilt. Wegen der nachträglich festgesetzten Vermögensteuer wurde kein Strafverfahren eingeleitet.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das FG München hob den Feststellungsbescheid des FA auf, in dem Zinsen wegen hinterzogener Vermögensteuer festgesetzt wurden. Zwar sei die Festsetzung von Hinterziehungszinsen für die hinterzogene Vermögensteuer auch nach der Entscheidung des BVerfG zur Unvereinbarkeit des § 10 VStG mit Art. 3 GG für Zeiträume vor 1997 nicht zu beanstanden (BFH 24.5.00, II R 25/99, BStBl II 00, 378). Jedoch dürften Zinsen nach § 235 Abs. 1 AO nur in dem Umfang festgesetzt werden, als Steuer tatsächlich hinterzogen worden sei (BFH 18.3.70, I R 176/69, BStBl II 70, 556).  

     

    Der betragsmäßige Umfang der hinterzogenen Steuern sei eigenständig im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung des Zinsbescheids zu prüfen (BFH 19.3.98, V R 54/97, BStBl II 98, 466). Eine Bindungswirkung bereits bestandskräftig gewordener Vermögenssteuerbescheide bestehe nicht. Auch in diesem Fall seien die Finanzbehörden nach § 162 Abs. 1 S. 1 AO befugt, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, wenn diese nicht zu ermitteln oder zu berechnen sind.