01.02.2010 | Steuerhinterziehung
Kindergeld wurde doppelt beantragt
von RA Dr. Carsten Wegner, FA StrR, Berlin
Es ist bekannt, dass Kindergeld für jedes Kind nur einmal und nicht etwa mehrfach gewährt wird. Die Behauptung, die Kindergeldzahlungen - die zusammen mit dem Arbeitslohn überwiesen worden sind - nicht bemerkt zu haben, ist bereits deshalb unglaubhaft, weil der Kindergeldbetrag auf den Gehaltsabrechnungen des öffentlichen Arbeitgebers offen ausgewiesen wird (FG Köln 17.9.09, 10 K 4058/08, Abruf-Nr. 100205). |
Sachverhalt
Der Kläger ist im öffentlichen Dienst des Landes NRW beschäftigt. In dem an die Familienkasse (Beklagte) gerichteten Kindergeldantrag vom 12.2.97 verneinte er die im Formular gestellte Frage, ob er oder seine Ehefrau im öffentlichen Dienst beschäftigt seien. In der Folgezeit wurde dem Kläger antragsgemäß das Kindergeld bewilligt und ausbezahlt. Mit einem am 3.3.97 beim LBV (Landesamt für Besoldung und Versorgung) eingegangenen Antrag hatte der Kläger außerdem bei seinem öffentlichen Arbeitgeber Kindergeld beantragt und dabei wahrheitswidrig verneint, dass er bereits bei einer anderen Familienkasse einen Kindergeldantrag gestellt hatte. Mit Änderungsbescheid (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO) vom 30.10.08 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung rückwirkend bis Januar 1998 auf und forderte das Geld zurück.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Nach § 174 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 S. 1 AO ist ein fehlerhafter Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist. Der Steuerbescheid darf nach § 174 Abs. 2 S. 2 AO jedoch nur geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhaltes auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist. Eine mehrfache Berücksichtigung eines bestimmten Sachverhalts ist dann auf einen Antrag des Steuerpflichtigen zurückzuführen, wenn der durch die widerstreitende Steuerfestsetzung begünstigte Steuerpflichtige den Erhalt des Steuervorteils durch eine objektiv unzutreffende Darstellung des Sachverhalts veranlasst hat. Denn in diesem Fall verdient er keinen Vertrauensschutz.
Vorliegend hat der Kläger durch die bewusst wahrheitswidrige Angabe gegenüber dem LBV, keinen weiteren Kindergeldantrag bei einer anderen Familienkasse gestellt zu haben, den Straftatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) verwirklicht, sodass eine - sogar zehnjährige - Korrektur möglich war. Den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO hat der Kläger im Streitfall dadurch erfüllt, dass er in dem bei der LBV gestellten Kindergeldantrag nicht nur bewusst wahrheitswidrig erklärt hatte, innerhalb der letzten sechs Monate keinen weiteren Kindergeldantrag bei einer anderen Familienkasse gestellt zu haben, sondern dass er es darüber hinaus unterlassen hatte, die Beklagte spätestens in diesem Zeitpunkt über seine Tätigkeit im öffentlichen Dienst und den beim LBV gestellten Kindergeldantrag aufzuklären. Aufgrund der doppelten Kindergeldfestsetzung erlangte der Täter einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil. Die Mitteilungspflicht des Klägers im Streitfall ergibt sich aus § 68 Abs. 1 S. 1 EStG. Danach hat derjenige, der Kindergeld beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich der zuständigen Familienkasse mitzuteilen (FG Düsseldorf 18.6.09, 15 K 37/09 Kg, EFG 09, 1519).
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