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  • 01.05.2005 | Steuerhinterziehung

    Nemo-tenetur-Grundsatz berechtigt nicht zur Wiederholung falscher Angaben

    von StA Stephan Gericke, Leipzig
    Aus dem Nemo-tenetur-Grundsatz kann die Straflosigkeit der Wiederholung unrichtiger Angaben aus USt-Voranmeldungen in den entsprechenden Jahreserklärungen nicht hergeleitet werden (BGH 17.3.05, 5 StR 328/04, Abruf-Nr. 051025).

     

    Sachverhalt

    Im Januar 1996 war gegen den Angeklagten ein Strafverfahren (u.a.) wegen falscher USt-Voranmeldungen in 1995 eingeleitet worden. Dabei wurde er auch über seine Rechte nach § 393 Abs. 1 AO belehrt. Im November 1996 „bat“ das FA in einem Formularschreiben, das auch einen Hinweis auf die Möglichkeit der Festsetzung eines Zwangsgeldes enthielt, um die Abgabe nicht fristgerecht eingereichter Steuererklärungen, darunter auch die USt-Jahreserklärung für 1995. Im Dezember 1996 reichte der Angeklagte die Jahreserklärung für 1995, in der er die falschen Angaben aus den Voranmeldungen wiederholte, beim FA ein. Insgesamt hatte der Angeklagte in 1994 und 1995 Vorsteuern i.H. von 8,5 Mio. DM zu Unrecht geltend gemacht. 

     

    Entscheidungsgründe

    Das Erinnerungsschreiben des FA zieht kein strafrechtliches Verwertungsverbot nach sich. Denn das Schreiben ist keine bewusste Täuschung des – steuerlich beratenen – Angeklagten über seine Verpflichtung zur Abgabe einer USt-Jahreserklärung, noch liegt darin die Ausübung eines unzulässigen Zwangs i.S. des § 136a StPO. Der Verurteilung wegen (versuchter) USt-Hinterziehung in 1995 steht auch nicht der Nemo-tenetur-Grundsatz entgegen. 

     

    Das hinter § 393 Abs. 1 S. 2 AO stehende Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung geht zurück auf ein Recht zur Passivität, erlaubt jedoch nicht die neuerliche Vornahme verbotener Handlungen. In der Wiederholung liegt die Begehung neuen Unrechts, wozu weder das Recht auf Selbstschutz noch das Zwangsmittelverbot berechtigen. Denn bei der Abgabe falscher Voranmeldungen und der Abgabe einer falschen Jahreserklärung für dasselbe Kalenderjahr handelt es sich materiellrechtlich um jeweils selbstständige Taten i.S. des § 53 StGB. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem strafprozessualen Schweigerecht: Verletzt der Beschuldigte bei seiner Vernehmung durch unwahre Angaben die allgemeinen Strafgesetze, kann er deswegen bestraft werden. In der Wiederholung der falschen Angaben ist auch nicht lediglich eine straflose Selbstbegünstigung zu sehen. Denn die Straflosigkeit des § 258 Abs. 5 StGB gilt nur für die Strafvereitelung als solche, nicht auch für andere mit ihr in Tateinheit stehende Delikte.