28.09.2009 | Steuerhinterziehung
Wertpapierhändler: BFH äußert ernstliche Zweifel an Haftung wegen Beihilfe
von ORR Dr. Michael Frank, Ulm
Es ist ernstlich zweifelhaft, welche Auswirkungen es für die Haftung (§ 71 AO) des Leiters der Wertpapierabteilung eines Kreditinstituts hat, wenn auf seine Initiative und mit seiner Billigung Wertpapiere anonym ins Ausland verlagert worden sind, jedoch die mutmaßlichen Haupttäter einer Steuerhinterziehung nicht ermittelt werden können und folglich nicht individuell festgestellt werden kann, ob eine Steuerhinterziehung überhaupt begangen und welche Steuer dadurch konkret hinterzogen worden ist (BFH 16.7.09, VIII B 64/09, BFH/NV 09, 1485, Abruf-Nr. 092714).
1. Sachverhalt
Das FA hatte gegen den Leiter der Wertpapierabteilung eines Kreditinstituts einen Haftungsbescheid (§ 191 Abs. 1 AO) erlassen. Das FA hatte den Banker wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung namentlich unbekannter Bankkunden in Haftung genommen, weil auf dessen Initiative und mit dessen Billigung Wertpapiere anonym ins Ausland übertragen worden waren. Etwa 25 % der festgestellten Kapitaltransfers konnten den Auftraggebern nicht zugeordnet werden, weil die Identität der Kunden, die ihre effektiven Wertpapiere am Schalter abgegeben hatten, von den Bankmitarbeitern ungenügend dokumentiert worden waren. Dabei handelt es sich um insgesamt 1.149 namentlich nicht bekannte Kunden; 683 dieser Kunden hatten Wertpapiere ins Ausland bringen lassen.
Das FA hatte den Antragsteller zunächst wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 1.149 Fällen, in Gestalt der Einspruchsentscheidung dann in 683 Fällen wegen Beihilfe zur Hinterziehung von Einkommensteuer über insgesamt 2.259.824,46 EUR in Haftung genommen. Das FA hatte sich dabei an einer statistischen Auswertung aller 4.000 Fälle orientiert, in denen die Kunden nachträglich identifiziert worden waren. Die Erkenntnisse übertrug es unter Berücksichtigung eines weiteren Unsicherheitsabschlags auf die nicht individuell zurechenbaren Transfers. Zugleich berechnete es Hinterziehungszinsen von 1.204.178 EUR und nahm den Antragsteller insgesamt auf Zahlung von 3.455.002,46 EUR in Anspruch.
Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wurde mit Beschluss des FG Düsseldorf vom 10.2.09 (8 V 2459/08 A (H), PStR 09, 106, Abruf-Nr. 091305) abgelehnt. Das FG Düsseldorf war der Auffassung, dass es für die inhaltliche Bestimmtheit eines Haftungsbescheids nicht erforderlich ist, dass aus ihm der oder die Steuerschuldner hervorgehen oder erkennbar ist, in welcher Höhe die Steuerschuld auf den jeweiligen Steuerschuldner entfällt. Dies sei auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz „in dubio pro reo“. Das FG hat aber die Beschwerde zum BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen.
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