02.10.2008 | Steuerstrafrecht
Keine Akteneinsicht ins Fallheft der Steufa
von ORR Dr. Michael Frank, Ulm
Strafverteidiger gehen regelmäßig davon aus, dass sich die Akteneinsicht im Steuerstrafverfahren selbstverständlich auf das Fallheft der Steufa – d.h. die Handakten des ermittelnden Steuerfahnders – erstreckt (Durst, PStR 08, 185, 187). In diesem Zusammenhang soll noch einmal auf das Urteil des FG BW (8.7.05, StBP 05, 309 mit Anm. Frank) hingewiesen werden: Nach Ansicht des Gerichts hat der Beschuldigte nur ausnahmsweise einen Anspruch auf Akteneinsicht in das Fallheft der Steufa.
1. Die Entscheidung des FG Baden-Württemberg
Im Verfahren vor dem FG BW (8.7.05, 13 K 97/02, 13 K 115/02, 13 K 174/02 u. 13 K 175/02, Abruf-Nr. 071755) begehrte der Kläger neben der Einsicht in die Steuerstrafakten des beklagten FA, welche ihm antragsgemäß gewährt worden war, auch Einsicht in die „Beiakten, Handakten und Akten der Steuerfahndungsstelle“. Mehrere Dienststellen eines FA, ein OLG und schließlich das FG BW wurden zur Verfolgung dieses Anliegens mit insgesamt vier Klagen beschäftigt. Letztlich ist der Kläger gescheitert. Die Revision wurde nicht zugelassen. Der 13. Senat des FG BW hat die Klagen zwar für zulässig, aber für nicht begründet erachtet.
Der 13. Senat des FG BW weist darauf hin, dass der BFH in einigen – zur Frage der Gewährung von Akteneinsicht im steuerlichen Verwaltungsverfahren vor den Finanzbehörden ergangenen – Entscheidungen ausdrücklich festgestellt hat, dass die AO – anders als andere Verwaltungsordnungen wie z.B. § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) und § 147 StPO – für das Verwaltungsverfahren einen Anspruch auf Gewährung von Einsicht in Verfahrens- und Ermittlungsakten nicht vorsieht. Geklärt sei auch, dass ein solches Einsichtsrecht weder aus § 91 Abs. 1 AO noch aus dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) in Nr. 4 zu §?91 AO abzuleiten ist. Gleichwohl geht der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass dem während eines Verwaltungsverfahrens um Akteneinsicht ersuchenden Steuerpflichtigen ein Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde zusteht (BFH 4.6.03, BStBl II, 790, 791, m.w.N.).
2. Akteneinsicht im steuerlichen Ermittlungsverfahren
Eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde kann von den Steuergerichten nur auf Ermessensüberschreitung oder -fehlgebrauch geprüft werden (§ 102 FGO). Das Gericht kann nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Verwaltungsbehörde setzen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Ermessensgrenzen ausnahmsweise so eingeengt sind, dass nur eine bestimmte Entscheidung möglich ist, während jede andere notwendig zu einem Ermessensfehler führen müsste (BFH 26.9.68, BStBl II, 77). Das beklagte FA hatte in seinen Ablehnungsbescheiden vom 26.4.02 und vom 10.5.02 sowie in den dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 9.9.02 ermessensfehlerfreie Entscheidungen getroffen.
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