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  • 25.05.2010 | Steuerstrafverfahren

    „Bielefelder Formular“ nach Selbstanzeige

    von RA Dr. jur. Jörg Burkhard, FA StR, FA StrR, Wiesbaden

    Auf eine Berichtigungserklärung im zweistufigen Modell, in welcher nicht nur die Steuerart, sondern auch die Veranlagungszeiträume (VZ) und die - überhöht geschätzten - Erträge pro VZ angegeben waren, reagierte das FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Bielefeld mit dem folgenden Schreiben. Dieses Schreiben hat offenbar Modellcharakter. Es enthält nicht nur eine Strafverfahrenseinleitung, sondern fordert eine Vollständigkeitsbescheinigung von den Banken hinsichtlich der bislang noch nicht erklärten Kapitaleinkünfte und suggeriert, dass diese Vollständigkeitsbescheinigung Voraussetzung für die Strafbefreiung wäre.  

     

    Schreiben des FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung

     

    Sie haben erklärt, dass Sie Zinsen aus Kapitalvermögen, welches Sie in der Schweiz angelegt haben, bislang nicht angegeben haben. Ich sehe dieses Schreiben als Ankündigung einer Selbstanzeige an. Diese wirkt zu Ihren Gunsten, weil die strafbefreiende Wirkung des § 371 Abs. 1 AO - zeitlich befristet - auch für solche Angaben eintreten soll, die noch vervollständigt oder ergänzt werden müssen.  

     

    Es folgt eine allgemeine Belehrung zur Wirksamkeit der Selbstanzeige und den Umfang der Strafbefreiung.  

     

    Ich bitte, Ihre Selbstanzeige bis zum 10.3.2010 entsprechend der vorstehenden Ausführungen zu vervollständigen.  

     

    Im Rahmen der Ermittlung der tatsächlichen nachzuerklärenden Einkünfte bitte ich noch folgende Angaben zu machen und die entsprechenden Belege, soweit noch nicht geschehen, vollständig vorzulegen:  

     

    • Erklärungen über nicht erklärte Zinsen (aus dem In- und Ausland) seit dem Jahre 2000;
    • Auflistung der ausländischen Kreditinstitute, zu denen Geschäftsbeziehungen bestehen bzw. bestanden;
    • Vollständigkeitserklärungen der Kreditinstitute, die Ihnen in den Jahren 2000 bis heute Zinsgutschriften erteilt haben;
    • Erläuterungen über die Herkunft der Mittel.
     

    1. Ankündigung einer Selbstanzeige

    Eine bloße Erklärung, eine Selbstanzeige (künftig) erstatten zu wollen, ist eine Ankündigung (Franzen in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, § 371 Rn. 56; Henneberg in INF 72, 493). Die Mitteilung, dass „die Kapitalerträge zu berichtigen seien und erst noch die Unterlagen aus der Schweiz zu besorgen seien“ oder ähnliches wäre lediglich eine Ankündigung einer Selbstanzeige (Jäger in Klein, AO-Kommentar, 10. Aufl., § 371 Rn. 20). Das wäre dann eine verunglückte Selbstanzeige, da die Mindestanforderungen (Angaben über Steuerart, VZ, geschätzte Zahlenangaben) nicht erfüllt sind (Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 Rn. 63). Die Schätzung von Einnahmen ohne Belege ist aber im Rahmen der gestuften Selbstanzeige zulässig (Jäger in Klein, AO-Kommentar, 10. Aufl., § 371 Rn. 20).  

     

    2. Belege nicht erforderlich

    Eine Materiallieferung im Sinne einer Unterlagen- oder Beleglieferung oder einer Lieferung von Konto- und Depotauszügen ist bei der Selbstanzeige keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Eine Selbstanzeige ist auch im Schätzungswege zulässig, ohne dass jemals ein einziger Beleg vorgelegt wird. Da bei der gestuften Selbstanzeige die Erklärungen der verschiedenen Stufen zusammen zu sehen sind und insgesamt eine Erklärung darstellen, wirken somit alle Belegeinreichungen und Erklärungen auf der zweiten oder ggf. weiteren Stufen zurück auf die erste Stufe und sind trotz des zeitlichen Auseinanderfallens zusammenzulesen.