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  • · Fachbeitrag · Selbstanzeigenberatung

    Die BaFin schafft Selbstanzeige faktisch ab

    von RD Dr. Oliver Löwe-Krahl, Oldenburg

    | Die Überschrift ist zugegeben ein wenig übertrieben. Denn die BaFin ist als Behörde nicht in der Lage, geltendes Recht zu ändern. Gleichwohl hat die Finanzaufsicht mit ihrem Rundschreiben vom 5.3.14 Regelungen getroffen (Wegner, PStR 14, 181 f.), die für den Selbstanzeigeerstatter sehr unerfreuliche Auswirkungen auslösen können. Das gilt jedenfalls dann, wenn er vor Abgabe der Selbstanzeige mit seinem Kreditinstitut Kontakt hat. |

    1. Praxisfälle

    In letzter Zeit sind vermehrt die folgenden Konstellationen aufgetaucht und haben durch das BaFin Rundschreiben für Probleme gesorgt:

     

    • S hat Schwarzgeld in der Schweiz. Die Schweizer Bank fordert ihn auf, seine steuerlichen Verhältnisse zu klären, anderenfalls müsse die Geschäftsbeziehungen beendet werden. S entschließt sich, sein Guthaben nach Deutschland zu transferieren und anschließend Selbstanzeige zu erstatten. Bei Eingang seines Schweizer Guthabens befragt seine deutsche Bank S nach den Hintergründen der Transaktion. S offenbart den wahren Sachverhalt.
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    • X fordert von seiner Bank Erträgnisbescheinigungen seiner Konten und Depots für die vergangenen 10 Jahre an. Er erklärt freimütig, dass er diese zur Erstattung einer Selbstanzeige benötige.

     

    In beiden Fällen erstattet die Bank unter Hinweis auf das BaFin-Rundschreiben vom 5.3.14 eine Geldwäschemeldung nach § 11 GwG.

    2. Konsequenzen für die Selbstanzeige

    Die Geldwäschemeldung geht an Polizei (LKA) und BKA. In der Meldung taucht der Hinweis auf die (geplante) Selbstanzeige auf. Zwar sind Polizeibehörden nicht originär zur Verfolgung von Steuerstraftaten berufen. Allerdings reicht nach überwiegender Ansicht schon deren Kenntnis aus, um von einer Tatentdeckung auszugehen (Franzen/Gast/Joecks, § 371 Rn. 192). Damit wäre bereits ein Ausschluss der Selbstanzeige nach § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO bei Eingang der Geldwäschemeldung bei der Polizei denkbar.

     

    Noch klarer wird die Tatentdeckung, wenn man den weiteren Bearbeitungsweg betrachtet. Die Staatsanwaltschaft (StA) wird eingeschaltet und leitet regelmäßig ein Strafverfahren wegen Verdachts der Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 und 2 StGB ein. Im Zuge dieses Verfahrens wird der Finanzbehörde - meistens der Steuerfahndung - der Inhalt der Meldung bekannt gegeben. Gleichzeitig fordert die Polizei oder StA nach § 31b S. 1 AO steuerliche Informationen zur Bearbeitung des Geldwäscheverfahrens von der Finanzbehörde an. Spätestens jetzt ist auch der Steuerfahndung die geplante Selbstanzeige bekannt und die Tatentdeckung unstreitig objektiv eingetreten.

     

    Für den Sperrgrund der Tatentdeckung muss beim Täter noch ein subjektives Merkmal („der Hinterzieher von der Entdeckung wissen musste oder damit hätte rechnen müssen“) vorliegen. Dies lässt sich in der Praxis zwar nur schwierig feststellen (Löwe-Krahl, PStR 12, 245). Allerdings hat der BGH die Anforderungen an dieses subjektive Moment in der letzten Zeit deutlich gesenkt (BGH 20.5.10, 1 StR 577/09, dazu Salditt PStR 10, 168). Das Rundschreiben der BaFin war bereits Gegenstand der Berichterstattung in der Presse („Wirtschaftswoche“ 12.5.14, S. 8). Es wäre daher nicht auszuschließen, wenn die Rechtsprechung davon ausginge, dass der Bankkunde mit einer Entdeckung hätte rechnen müssen.

    3. Kritik an BaFin Vorgaben

    Das Rundschreiben der BaFin, in dem bei Selbstanzeigen eines Bankkunden eine Geldwäschemeldung nach § 11 GwG animiert wird, muss äußerst kritisch bewertet werden. Denn eine Geldwäschemeldung setzt einen Bezug zu Straftaten nach § 261 StGB und den dort genannten Vortaten voraus. Die einfache Steuerhinterziehung ist aber keine geeignete Geldwäschevortat. Erfasst wird von § 261 Abs. 1 Nr. 4b StGB nur die gewerbsmäßige oder bandenmäßige Steuerverkürzung. Derartige Modalitäten kennt § 370 AO überhaupt nicht (§ 370 Abs. 3 Nr. 5 ist nur für Umsatz- oder Verbrauchsteuern anwendbar). So beschreibt der Geldwäschestraftatbestand eine eigene Handlungsform der Steuerhinterziehung. Diese dürfte bei einer Selbstanzeige, welche sich auf verschwiegene Kapitaleinkünfte bezieht, regelmäßig nicht vorliegen. Hinzu kommt, dass selbst wenn eine geldwäschegeeignete gewerbs- oder bandenmäßige Hinterziehung vorläge, der Steuerhinterzieher nicht wegen Wäsche seines eigenen Schwarzgeldes bestraft wird (§ 261 Abs. 9 S. 2 StGB).

     

    Irritierend ist zudem die Aussage (BaFin 5.3.14, S. 18), die sich auf die Vermeidung der Strafbarkeit einer „leichtfertigen Beihilfe zur Steuerhinterziehung“ bezieht (Wegner, PStR 14, 184). Denn Beihilfe setzt nach § 27 Abs. 1 StGB zwingend ein vorsätzliches Handeln des Gehilfen voraus. Leichtfertige Beihilfe existiert nicht.

    4. Wie kann sich der Kunde verhalten?

    Nicht empfehlenswert ist es, der Bank auf Befragen die geplante Selbstanzeige zu verschweigen. Das Kreditinstitut erstattet sicherlich eine Geldwäschemeldung, da keine plausible Erklärung für die Finanztransaktion gegeben wird. Auch dabei stellte sich das Problem eines möglichen Selbstanzeigeausschlusses durch Tatentdeckung. Anzuraten ist, die Bank nicht ohne Not und ungefragt auf das Thema Selbstanzeige anzusprechen. Einzig richtig ist es, unverzüglich Selbstanzeige zu erstatten, noch vor dem Transfer des Geldes aus der Schweiz oder der Anforderungen der Erträgnisgutschriften. Wichtig ist dabei die - notfalls schätzungsweise ermittelte - Bekanntgabe der Besteuerungsgrundlagen (Holewa/Löwe-Krahl, PStR 10, 91). Es bleibt die Frage: Muss - wenn die Leitlinie der BaFin zutrifft - auch ein FA bei jeder Selbstanzeige eine Geldwäschemeldung nach § 31b S. 2 AO abgeben?

     

    Weiterführender Hinweis

    • Wegner, Geldwäsche-Verdachtsmeldung: BMF legt vor, BaFin zieht nach, PStR 14, 181 ff.
    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 238 | ID 42833576

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