01.05.2007 | Steuerstrafverfahren
Die Schätzung im Steuerstrafverfahren
Das Strafmaß bei Steuerstraftaten (§§ 369 ff. AO) bestimmt sich nach der Höhe der hinterzogenen Steuern und damit dem Ausmaß des angerichteten Schadens. Steuererhöhende Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen können sich daher zu Lasten des Angeklagten auswirken. Es stellt sich folglich die Frage, ob die Schätzungen der FÄ für das Strafverfahren Geltung haben und dieses zwingend negativ beeinflussen oder ob in diesem Punkt Handlungsspielraum für eine erfolgreiche Verteidigung besteht.
§ 162 Abs. 2 AO hebt ohne Anspruch auf Vollständigkeit einzelne Beispiele hervor, in denen eine Schätzung im Besteuerungsverfahren zulässig ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige eine ihm mögliche und zumutbare Mitwirkung verweigert. Anders dagegen der Ansatz im Strafprozess: Aus strafrechtlicher Hinsicht besteht für den Angeklagten keine Verpflichtung zur Selbstbelastung. Er hat vielmehr ein Aussageverweigerungsrecht, aus dem keine negativen Rückschlüsse zu seinen Lasten gezogen werden dürfen. Demgegenüber wirken sich Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Sachverhalts im Festsetzungsverfahren nicht zugunsten, sondern zulasten des Steuerpflichtigen aus.
Des Weiteren gilt im Strafverfahren der Grundsatz in dubio pro reo, wonach in Zweifelsfällen die Unschuld des Angeklagten vermutet wird, während die Schätzungen im Besteuerungsverfahren auf Vermutungen und Wahrscheinlichkeitserwägungen auch zulasten des Steuerpflichtigen beruhen. Damit ist der Schätzungsrahmen im Steuerstrafprozess erheblich eingeengt. Es müssen gleichzeitig stets die einschränkenden strafprozessualen Beweisgrundsätze (§ 261 StPO) erfüllt sein.
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