26.02.2008 | Steuerstrafverfahren
Durchsuchung in Arztpraxis unverhältnismäßig
Das BVerfG hat sich in einem aktuellen Beschluss erneut kritisch mit der Durchsuchungspraxis der Ermittlungsbehörden auseinander gesetzt (BVerfG 21.1.08, 2 BvR 1219/07, Abruf-Nr. 080479). |
Sachverhalt
Eine Ärztin stand im Verdacht des Abrechnungsbetruges mit einem möglichen Schadensbetrag von 74,71 EUR. Das AG hatte die Durchsuchung der Wohn- und der Praxisräume der Beschuldigten angeordnet, um Patienten- und Abrechnungsunterlagen sicherzustellen.
Entscheidungsgründe
Art. 13 Abs. 1 GG garantiert der räumlichen Lebenssphäre des Einzelnen einen besonderen grundrechtlichen Schutz. Um den Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung zu rechtfertigen, muss der Verdacht vorliegen, dass eine Straftat begangen wurde, vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht aus. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen (BVerfG 20.4.04, PStR 04, 176). Der in § 53 StPO verankerte besondere Schutz von Berufsgeheimnisträgern gebietet bei der Anordnung der Durchsuchung einer Praxis darüber hinaus die besonders sorgfältige Beachtung der Eingriffsvoraussetzungen.
Außerdem erfordert eine Durchsuchungsmaßnahme die umfassende Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Die Durchsuchung muss mit Blick auf den verfolgten gesetzlichen Zweck erfolgversprechend und zur Verfolgung der Straftat erforderlich sein. Schließlich muss der Eingriff in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen. Der Richter darf die Durchsuchung damit nur anordnen, wenn er sich aufgrund eigenverantwortlicher Prüfung der Ermittlungen überzeugt hat, dass die Maßnahme verhältnismäßig ist.
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