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  • 29.10.2008 | Steuerstrafverfahren

    Selbstanzeige und Hinterziehungszinsen

    von RRin Daniela Schelling, Stuttgart

    Die Strafverfolgungsbehörden sind nach dem Legalitätsprinzip berechtigt und verpflichtet, nach Eingang einer Selbstanzeige ein Strafverfahren zum Zwecke der Prüfung der Straffreiheit gemäß § 371 Abs. 1 und 3 AO einzuleiten. Eine derartige Strafverfahrenseinleitung hemmt den Ablauf der Frist zur Festsetzung von Hinterziehungszinsen gemäß § 239 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AO (BFH 29.4.08, VIII R 5/06, Abruf-Nr. 082921).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger erstattete mit Schreiben vom 14.9.98 Selbstanzeige für die Jahre 1987 bis 1996. Am 13.10.98 leitete die StraBu ein Steuerstrafverfahren ab 1987 ein. Am 24.3.99 wurde das Verfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung 1989 bis 1992 – aufgrund der wirksamen Selbstanzeige – eingestellt. Noch während der Prüfung durch die Steufa hatte das FA mit Bescheiden vom 12.10.98 die Einkommensteuerfestsetzungen 1987 bis 1996 auf der Grundlage der Angaben des Klägers geändert. Die Bescheide wurden bestandskräftig und der Kläger zahlte die Mehrsteuern. Mit Bescheid vom 31.3.00 wurden auf der Grundlage der geänderten Bescheide vom 12.10.98 Hinterziehungs­zinsen festgesetzt. Mit Einspruch und Klage, die erfolglos blieben, wandte sich der Kläger gegen die Zinsfestsetzung, weil die einjährige Festsetzungs­frist bereits abgelaufen und kein Strafverfahren i.S. des § 239 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AO eingeleitet worden sei.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zur ESt 1992 bis 1996 war dem Grunde nach rechtmäßig, weil die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen war. Hingegen waren die Ansprüche auf Hinterziehungszinsen zur ESt 1987 bis 1991 bereits verjährt: Das 1998 eingeleitete Strafverfahren führte nicht zur Anlaufhemmung gemäß § 239 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AO, denn die Einleitungs­verfügung der Strabu vom 13.10.98 war hinsichtlich der strafrechtlich bereits verjährten Vergehen 1987 bis 1991 rechtswidrig.  

     

    Gemäß § 235 Abs. 1 S. 1 AO sind hinterzogene Steuern zu verzinsen. Die Festsetzungsfrist richtet sich nach § 239 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AO. Aus dem Wortlaut und dem Zweck dieser den Anlauf der Festsetzungsfrist hemmenden Bestimmung folgt, dass das Strafverfahren bereits in demjenigen Jahr eingeleitet worden sein muss, in dem die Festsetzung der hinterzogenen Steuern unanfechtbar geworden ist (BFH 24.8.01, DStRE 01, 1377). Die StraBu hatte am 13.10.98 – also im selben Jahr, indem die hinterzogenen Steuern durch Bescheide vom 12.10.98 festgesetzt wurden – aufgrund der Selbstanzeige förmlich ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung für die Jahre 1992 bis 1996 eingeleitet. Der Anlauf der Festsetzungsfrist war damit gehemmt. Das Verfahren wurde erst im folgenden Jahr durch Einstellungsverfügung gemäß § 170 Abs. 2 StPO abgeschlossen. Daher begann die einjährige Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 1999. Der Hinterziehungsbescheid vom 31.3.00 erging in offener Festsetzungsfrist.