25.08.2008 | Strafklageverbrauch
„Schmuggelfahrt“ durch mehrere EU-Staaten
Eine von Anfang an geplante „Schmuggelfahrt“ durch mehrere EU-Mitgliedsstaaten bildet eine einheitliche Tat i.S. des Art. 54 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ). Eine Freiheitsstrafe wird auch dann vollstreckt, wenn ihre Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt ist. Einer erneuten Verurteilung in einem anderen Mitgliedsstaat steht damit das Verfahrenshindernis des zwischenstaatlichen Verbots der Strafverfolgung wegen derselben Tat gemäß Art. 54 SDÜ entgegen (BGH 9.6.08, 5 StR 342/04, Abruf-Nr. 082142). |
Sachverhalt
Der Angeklagte wollte in 1999 von Griechenland unverzollte und unversteuerte Zigaretten über Italien, Österreich und Deutschland nach Großbritannien bringen. Im Mai 1999 wurde er in Venedig vorläufig festgenommen. Die Corte di appello di Venezia verurteilte den Angeklagten in Abwesenheit rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung. Im April 2000 beförderte der Angeklagte erneut unverzollte und unversteuerte Zigaretten und wurde wiederum in Italien vorläufig festgenommen. Das Tribunale di Ancona verurteilte ihn in Abwesenheit rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren ohne Strafaussetzung; die Strafe konnte noch nicht vollstreckt werden.
Im November 2003 hat das LG Augsburg den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei verurteilt und dabei die durch die Vortaten hinterzogenen Einfuhrabgaben (Zoll, griechische EUSt, griechische TabSt) zugrunde gelegt. Mit Beschluss vom 30.6.05 hat der BGH (Wegner, PStR 05, 202, 203) ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH über die Auslegung des Art. 54 SDÜ angestrengt. Am 18.7.07 hat der EuGH (C-288/05; Kretzinger, ZfZ 07, 302) u.a. entschieden, dass
- das maßgebliche Kriterium für die Anwendung von Art. 54 SDÜ das der Identität der materiellen Tat ist, verstanden als das Vorhandensein eines Komplexes unlösbar miteinander verbundener Tatsachen,
- es unter den Begriff „dieselbe Tat“ i.S. des Art. 54 SDÜ fallen kann, wenn der Angeklagte von Anfang an vorhatte, den Tabak über mehrere Vertragsstaaten zum endgültigen Bestimmungsort zu transportieren,
- eine von einem Gericht verhängte Sanktion „bereits vollstreckt“ wurde oder „gerade vollstreckt“ wird, wenn der Angeklagte zu einer Bewäh-rungsstrafe verurteilt wurde und
- eine nur kurzfristige Untersuchungshaft keine Vollstreckung darstellt, wenn der Freiheitsentzug später auf die Haftstrafe angerechnet wird.
Entscheidungsgründe
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