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  • 01.08.2007 | Strafprozessrecht

    Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Steuerstrafverfahren

    von OStA Raimund Weyand, St. Ingbert

    Widerstreitende Feststellungen in der finanz- und der strafgerichtlichen Beurteilung von Sachverhalten haben divergierende Entscheidungen zur Folge, die nachteilige Konsequenzen für den Steuerpflichtigen mit sich bringen (Faiß PStR 07, 68). Die durch § 396 AO ermöglichte Aussetzung des Strafverfahrens bis zur Entscheidung über steuerrechtliche Fragen wird in der Praxis kaum angewandt. Aber auch strafprozessuale Regelungen führen nur selten zu einer sachgerechten Lösung. 

     

    Beispiel

    Unternehmer O macht Aufwendungen für Werbemaßnahmen bei einem Sportverein als Betriebsausgaben geltend. FA und FG sehen in den Zahlungen eine vGA, weil O sich eigennützig lediglich nach außen als „Sportmäzen“ betätigt. Das AG verurteilt O wegen Hinterziehung von KöSt. Berufung und Revision bleiben erfolglos. Später akzeptiert der BFH aber den Betriebsausgabenabzug ohne Einschränkung. O will das Strafurteil beseitigen. 

     

    1. Die Regelungen der StPO

    Das Strafprozessrecht bietet in den §§ 359 ff. StPO sehr eingeschränkte Möglichkeiten, durch rechtskräftige Urteile abgeschlossene Verfahren wiederaufzunehmen. Die Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten regelt § 359 StPO. Die dort aufgeführten Wiederaufnahmegründe sind – mit Ausnahme der unten erläuterten verfassungsrechtlichen Ergänzung – abschließend. Im Zusammenhang mit Steuerstrafverfahren kommen im Normalfall lediglich die Alternativen des § 359 Nr. 4 StPO und des § 359 Nr. 5 StPO in Frage. 

     

    1.1 Wiederaufnahme aufgrund widerstreitenden anderen Urteils

    § 359 Nr. 4 StPO erlaubt die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens, wenn ein zivilgerichtliches Urteil, das Grundlage des Strafurteils war, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben worden ist. Nach mittlerweile allgemeiner Auffassung beschränkt sich diese Alternative aber nicht nur wortlautgemäß auf Entscheidungen von Zivilgerichten. Sie findet im Wege der Analogie auch Anwendung auf Urteile von Arbeits-, Verwaltungs-, Sozial- oder Finanzgerichten (Meyer-Goßner, StPO, § 359 Rn. 17 m.w.N.).