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  • 01.11.2006 | Telekommunikationsverbindungsdaten

    Verteidigungsfremdes Verhalten

    Der Verteidiger darf von den Ermittlungsbehörden geheim gehaltene Maßnahmen, insbesondere eine bevorstehende Verhaftung, an seinen Mandanten nicht übermitteln, wenn er davon auf unzulässige Weise erfahren hat (BVerfG 17.6.06, 2 BvR 1085/05 und 2 BvR 1189/05, Abruf-Nr. 062509).

     

    Sachverhalt

    Der Beschwerdeführer (= Verteidiger) hat durch Täuschung der Ermittlungsbehörden – und zwar durch einen fingierten Telefonanruf – erfahren, dass diese gegen seinen Mandanten den Erlass eines Haftbefehls planten. Wegen des Verdachts der Strafvereitelung wurde gegen den Verteidiger eine Maßnahme nach §§ 100g, 100h StPO erlassen. Die dagegen eingelegten Rechtsmittel des Verteidigers hatten keinen Erfolg. 

     

    Entscheidungsgründe

    Während prozessual zulässige Handlungen dem Verteidiger nicht als tatbestandsmäßig zugerechnet werden können, kann ein nicht mehr vom Verteidigungszweck getragenes verteidigungsfremdes Verhalten, sofern die weiteren Voraussetzungen hierfür vorliegen, eine Strafbarkeit wegen Strafvereitelung begründen. Bei der Beurteilung von strafverhindernden oder strafverzögernden Handlungen besteht Einigkeit darin, dass der Verteidiger eine bevorstehende Verhaftung nicht an seinen Mandanten übermitteln darf. Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn danach differenziert wird, ob der Verteidiger die Kenntnis eines von den Ermittlungsbehörden geheim gehaltenen Haftbefehls in  

    • zulässiger,
    • zufälliger oder
    • unzulässiger Weise erlangt hat.

     

    Jedenfalls für den Fall der unzulässigen, weil täuschungsbedingten Kenntniserlangung kann von einem tatbestandstauglichen Verhalten des Verteidigers ausgegangen werden und ist die Annahme des Verdachts einer versuchten Strafvereitelung nicht zu beanstanden.