22.10.2010 | Umsatzsteuer
Umsatzsteuerkarussell: Darum durfte das Finanzamt den Vorsteuerabzug versagen
von RA Dr. Markus Adick, Flick Gocke Schaumburg, Bonn
Der Vorsteuerabzug ist zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war (BFH 19.5.10, XI R 78/07, Abruf-Nr. 103316). |
Sachverhalt
Nach den Feststellungen des FG war die Klägerin („Buffer II“) in ein europaweites Umsatzsteuerkarussell eingebunden. Dabei wurden Waren aus einem anderen Mitgliedsstaat steuerfrei an einen nicht auffindbaren Erwerber („Missing Trader“) in Deutschland geliefert. Dieser veräußerte die Ware mit einem Aufschlag an einen ersten Abnehmer („Buffer I“), der den in der Rechnung des Missing Trader ausgewiesenen Steuerbetrag als Vorsteuer abzog. Der „Buffer I“ verkaufte die Ware an einen weiteren Erwerber („Buffer II“), der sie nach dem Vorsteuerabzug an einen weiteren Erwerber („Distributor“) verkaufte. Dieser veräußerte die Ware anschließend steuerfrei in den anderen Mitgliedsstaat und zog die ihm berechnete Umsatzsteuer als Vorsteuer ab.
Beim Erwerb von Computerteilen von „Buffer I“ und dem Verkauf an mehrere „Distributoren“ war es zu Doppel- und Mehrfachdurchläufen derselben Waren gekommen. Im Anschluss an die Fahndungsprüfung erließ das beklagte FA geänderte Umsatzsteuerbescheide sowie geänderte Bescheide über die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen. Hintergrund waren Feststellungen der Steufa, wonach die Klägerin nichtabzugsfähige Vorsteuern geltend gemacht hatte. Steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Klägerin und einen Mitarbeiter der Klägerin wurden nach § 170 Abs. 2 StPO und § 153a StPO eingestellt. Das FG wies die Klage gegen die geänderten Bescheide ab.
Mit der Revision machte die Klägerin insbesondere geltend, das FG habe die EuGH-Rechtsprechung zum rechtsmissbräuchlich erschlichenen Vorsteuerabzug bei Beteiligung an Karussellgeschäften überinterpretiert. Als „Buffer II“ habe sie keinen Kontakt zur Ebene des „Missing Trader“ gehabt und sei ihren steuerlichen Pflichten mit angemeldeter und abgeführter USt und vollständiger Gewinnversteuerung sorgfältig nachgekommen. Der „Buffer I“ als Hauptlieferant habe die USt ebenfalls angemeldet und abgeführt, auch wenn die Vorsteuer aus den Rechnungen des „Missing Trader“ zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei. Mangels „Kennenmüssen“ ihres Geschäftsführers müsse die Klägerin als gutgläubig gelten. Es sei der Rechtsgedanke des § 69 AO heranzuziehen, wonach es wegen der damit verbundenen Haftung lediglich auf die Kenntnis oder das „Kennenmüssen“ des Geschäftsführers ankomme.
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