01.04.2006 | Umsatzsteuer
Vorsteuerabzug beim „Karussellbetrug“
Gesellschaften, die ohne ihr Wissen in einen „Karussellbetrug“ verwickelt waren, haben Anspruch auf Erstattung der Vorsteuer (EuGH 12.01.06, verb. Rs. C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Abruf-Nr. 060231). |
Sachverhalt
Die drei Gesellschaften X, Y und Z waren Ausführer von Mikroprozessoren und wurden ohne ihr Wissen in einen „Karussellbetrug“ verwickelt. Ihre Anträge auf Erstattung der USt, die sie ihren Lieferanten gezahlt hatten, wurden von den Commissioners of Customs & Excise in England abgelehnt. Der High Court of Justice (England & Wales) hat den EuGH um Auskunft ersucht, ob es sich bei einem Umsatz, der im Rahmen eines „Karussellbetrugs“ abgewickelt wird,
- um eine „Lieferung von Gegenständen“, die ein „Steuerpflichtiger als solcher“ ausführt, und
- um eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ i.S. der Mehrwertsteuer-Richtlinie handelt.
Entscheidungsgründe
Der EuGH weist darauf hin, dass Schlüsselbegriffe der Mehrwertsteuer-Richtlinie wie „Steuerpflichtiger“, „Lieferung von Gegenständen“ und „wirtschaftliche Tätigkeiten“ weit auszulegen sind. Alle diese Begriffe hätten einen objektiven Charakter und seien unabhängig von Zweck und Ergebnis der betroffenen Umsätze anwendbar. Es wäre unvereinbar mit der Richtlinie, die Absicht eines anderen – an derselben Lieferkette beteiligten Händlers – und/oder den möglicherweise betrügerischen Zweck eines Umsatzes zu berücksichtigen. In einer solchen Kette sei jeder Umsatz für sich zu betrachten.
Zusammenfassend stellt der EuGH fest, dass das Recht eines Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug nicht dadurch berührt wird, dass einzelne Umsätze Bestandteil eines Umsatzsteuerkarussells sind, wenn der Steuerpflichtige hiervon keine Kenntnis hatte oder haben konnte.
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