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  • 22.11.2010 | Umsatzsteuerbetrug

    Innergemeinschaftliche Lieferungen

    von RA Dr. Carsten Wegner, FA StrR, Krause Lammer Wattenberg, Berlin

    Dass der ausländische Vertragspartner seiner Verpflichtung, die Lieferung ordnungsgemäß zu versteuern, nicht nachkommt, begründet kein „Scheinunternehmen“ bzw. das Fehlen jeglicher Unternehmereigenschaft (FG Niedersachsen 29.4.10, 16 K 10297/07, Abruf-Nr. 103680).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin K erklärte in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen erhebliche innergemeinschaftliche Lieferungen. Das FA stimmte den Umsatzsteuervoranmeldungen zu. Anknüpfend an eine Außen- und Fahndungsprüfung ergingen geänderte Bescheide. Die verfahrensrelevanten Fahrzeuge seien nie nach Spanien geliefert worden, sondern jeweils unmittelbar nach Frankreich. Damit sei weder das Bestimmungsland in den Belegnachweisen zutreffend angegeben noch sei die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers zutreffend aufgezeichnet worden. Die festgestellte Lieferkette habe allein der Verkürzung von Umsatzsteuern gedient.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet. Neben den in § 4 Nr. 1b UStG und § 6a Abs. 1 UStG genannten Voraussetzungen setzt die innergemeinschaftliche Lieferung nach der EuGH-Rechtsprechung voraus, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert wurde; entscheidend ist allein, dass der Erwerbsvorgang im Bestimmungsland der Umsatzbesteuerung unterliegt (EuGH 27.9.07, C - 409/04, Teleos, DB 07, 2687; BFH 28.5.09, V R 23/08, BFHE 226, 177). Vorliegend hat K diese Voraussetzungen nachgewiesen:  

     

    • K verfügt als Belegnachweis über ein Doppel der Rechnungen einschließlich der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des ausländischen Vertragspartners.
    • K verfügt über zÜberführungsvollmachten. Die entsprechenden Fahrzeuge sind durch Angabe der Fahrzeuggestellnummern in den Anlagen der Vollmachten im Einzelnen bestimmt.
    • Die Steuerbefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung scheidet nicht aus, weil K die Versicherung des Abnehmers nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV nicht im Zeitpunkt der Abholung, sondern erst durch nachträglich ausgestellte Bescheinigungen erbracht hat.
    • Unschädlich ist, dass das ausländische Unternehmen nur über einen untypischen Geschäftsraum verfügte. Für einen Kfz-Handel ist im Prinzip nicht mehr als ein Telefon, ein Schreibtisch und eine Ablage für Unterlagen erforderlich.
    • Rechnungen sind durch Überweisung der Rechnungsbeträge auf Konten der K bezahlt worden.
    • Dass der ausländische Vertragspartner seiner Verpflichtung nicht nachkommt, die Lieferungen ordnungsgemäß zu versteuern, begründet kein „Scheinunternehmen“ bzw. das Fehlen jeglicher Unternehmereigenschaft.
    • Nicht erforderlich ist, dass die Fahrzeuge auch physisch in das Land gelangt sind, in dem der Erwerber seinen Sitz hat. Erforderlich ist nur, dass die Fahrzeuge physisch Deutschland verlassen haben und in einen anderen Mitgliedstaat gelangten.
    • Unschädlich ist, dass das Fahrzeug an einen anderen (ausländischen) Bestimmungsort gelangt ist, als ursprünglich angegeben.
    • Verschaffung der Verfügungsmacht bedeutet, dass dem Empfänger Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand übertragen werden. Der Abnehmer muss daher faktisch in der Lage sein, mit dem Gegenstand nach Belieben zu verfahren, insbesondere ihn wie ein Eigentümer zu nutzen und veräußern zu können.

     

    Praxishinweis