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  • 25.08.2008 | Verwertungsverbot

    Zwang zur Selbstbelastung

    Muss sich die Auskunftsperson in Erfüllung ihrer Obliegenheiten selbst einer strafbaren Handlung bezichtigen, unterliegt eine solche Auskunft einem umfassenden Verwertungsverbot (BVerfG 31.3.08, 2 BvR 467/08, Abruf-Nr. 082590).

     

    Sachverhalt

    Nach Meinung eines LG entfällt die Auskunftspflicht des Schuldners aus § 807 ZPO auch dann nicht, wenn er hierbei eine von ihm begangene Straftat offenbaren müsste, solange die auf diesem Weg gewonnenen Informationen einem strafprozessualen Verwertungsverbot unterliegen. Die Richter verpflichteten den Betroffenen daher, auch etwaige Bankkonten im Ausland anzugeben, unabhängig von der Frage, ob die Geldbeträge aus Straftaten resultierten. Eine gegen diesen Beschluss eingelegte Verfassungsbeschwerde nahm das BVerfG nicht zur Entscheidung an. 

     

    Entscheidungsgründe

    Mit dem zu § 100 KO ergangenen „Gemeinschuldnerbeschluss“ (13.1.81, NJW 81, 1431) hat das BVerfG deutlich gemacht, dass der „Zwang zur Selbstbezichtigung“ das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 1 und 2 Abs. 1 GG) tangiert: Durch gesetzlich vorgeschriebene Auskunftspflichten kann der Betroffene in den Konflikt geraten, sich entweder durch wahrheits­gemäße Auskünfte selbst einer Straftat zu beschuldigen oder aber wegen Schweigens mit Zwangsmitteln überzogen zu werden. Dies beeinträchtigt die grundgesetzlich garantierte Handlungsfreiheit des Einzelnen. Derartige gesetzliche Offenbarungspflichten verbietet das GG nicht uneingeschränkt. Sie sind aber nur zumutbar, wenn sie mit einem strafrechtlichen Verwertungsverbot einhergehen. Der Beschwerdeführer war in der zu entscheidenden Sache durch ein solches allgemein anerkanntes Verwertungsverbot (BGH 19.3.91, wistra 91, 223) geschützt. Seine Grundrechte wurden daher durch den Aussagezwang nicht tangiert. 

     

    Praxishinweis

    Eine umfassende Auskunftspflicht ist in § 97 InsO geregelt: Der Schuldner muss über alle für das Insolvenzverfahren bedeutenden Umstände lückenlos Auskunft geben. Die Bestimmung enthält gleichzeitig ein umfassendes Verwertungs- und Verwendungsverbot. Strafverfolgungsorgane dürfen so offenbarte Umstände nicht – auch nicht mittelbar – im Rahmen von Strafverfahren nutzen (ausführlich Diversy, ZInsO 05, 180). Auch die Strafbewehrung trotz laufender Ermittlungen unverändert fortbestehender steuerlicher Erklärungspflichten ist solange suspendiert, wie für den betreffenden Veranlagungszeitraum ein Strafverfahren anhängig ist (BGH 23.1.02, PStR 02, 49, Abruf-Nr. 020193). Lassen sich aus wahrheitsgemäßen Angaben Rückschlüsse auf strafrechtlich relevante Umstände in Vorjahren, für die ein Steuerstrafverfahren anhängig ist, ziehen, dürfen diese Informationen gleichfalls strafrechtlich nicht verwendet werden (BGH 12.1.05, PStR 05, 51, Abruf-Nr. 050383). (RW)