· Fachbeitrag · Steufa-Praxis
Kassenmanipulation und Kleider statt Arbeitslohn
| Beim FA ging eine Anzeige ein. Darin beschuldigt eine Frau ihre Nachbarin, dass diese als Verkäuferin in einem Bekleidungsgeschäft monatlich neben ihrem Lohn kostenlos Bekleidung erhalte. Sie sei stets nach der neuesten Mode gekleidet; die Sachen seien augenscheinlich auch sehr teuer. Sie vermute daher, dass es sich dabei um „Arbeitslohn“ handele. |
1. Betriebsprüfung
Die zuständige Sachbearbeiterin wusste zufällig, dass gerade bei diesem Bekleidungsgeschäft eine Betriebsprüfung durchgeführt wurde und leitete die Anzeige an den Prüfer vor Ort weiter. Diesem war schon der äußerst geringe Aufschlagssatz aufgefallen, für den der Geschäftsinhaber auch keine einleuchtende Erklärung hatte. Die gezahlten Löhne befanden sich auch alle im unteren Bereich. Er wusste nicht, wie er den Inhalt der Anzeige verifizieren konnte und erkundigte sich bei einer Angestellten des Bekleidungsgeschäfts, ob sie verbilligt Kleidung einkaufen könne. Das wurde von der Angestellten so vehement bestritten, dass der Prüfer sich nahezu in seinem Verdacht bestätigt sah. Nun setzte er sich mit der Anzeigenerstatterin selbst in Verbindung. Diese behauptete, dass ihre Nachbarin ihr selbst erzählt habe, dass die Ware „durch die Kasse laufe“, obwohl sie nicht bezahlen müsse.
2. Durchsuchung
Mit dieser Information konnte der Prüfer nicht viel anfangen, dennoch verdichtete sich der Verdacht, dass bezüglich der Lohnzahlung nicht alles korrekt lief und nur eine Durchsuchung der Geschäftsräume Aufklärung bringen würde. Nachdem das Strafverfahren gegen den Geschäftsinhaber eingeleitet war und der Durchsuchungsbeschluss vorlag, wurden nach Geschäftsschluss die Geschäftsräume durchsucht und durch einen speziell ausgebildeten Fahnder die Kasse ausgelesen. Bei Auswertung dieser Unterlagen stellte sich heraus, dass täglich Minusbeträge in die Kasse eingebucht wurden. Dadurch wurden die Tagesendsummen in erheblichem Maße verringert.
3. Geständnis
Nach Rücksprache mit seinem Anwalt erklärte der beschuldigte Geschäftsinhaber, dass wegen der hohen Lohnnebenkosten ein Teil der Löhne als Sachleistung gezahlt wurde. Jeder durfte für sich oder Verwandte Kleidungsstücke im Wert von 300 EUR monatlich aussuchen. Die Etiketten an den ausgesuchten Kleidungsstücken wurden besonders präpariert und mit Minusbeträgen statt positiven Beträgen versehen. So sei es möglich gewesen, die Beträge festzuhalten, den Angestellten zuzuordnen und die Erlöse entsprechend zu mindern. Auf diese Weise habe er die Löhne „finanzieren“ können. Zudem waren nicht an allen Tagen alle Kassenergebnisse in die Buchführung einflossen. Insgesamt war es durch die Manipulationen im Kassenbereich zu Steuerverkürzungen von 200.000 EUR gekommen. Aufgrund seines ausführlichen Geständnisses wurde der Geschäftsinhaber zu keiner Freiheitsstrafe, sondern nur einer Geldstrafe in nicht unbeträchtlicher Höhe verurteilt. Die Angestellten müssen noch mit Strafverfahren wegen eigener Steuerhinterziehung rechnen.